Zarachat saba Ta'at

Gesandte in Ghurenia

Eure Königliche Majestät, Ihr verlangtet einen wahrhaften Bericht über das bedeutungslose Leben, das mir Rastullah in seiner unfaßbaren Gnade gab, über meine Herkunft, die Orte, die ich sah, die Taten, die ich vollbracht. So soll es nun geschehen, daß ich mit Hilfe von vergänglichem Pergament und schwarzer Tinte die Dinge meines Lebens niederschreibe, um Euch das Bild zu malen, das ich bis zum heutigen Tage auf dem Boden dieser Welt, wie Rastullahs Wille, gemalt.
Geboren wurde ich am 21. Tag des Mondes der Göttin Rondra im Jahre 980 n.B.F. als erste Tochter des Novadikriegers Sedef ibn Selo ibn Selim ibn Beni Khibera und seiner ersten Frau, der unglücklichen Sheydan saba Shila saba Beni Khibera, die den ersten Tag meines Lebens zu ihrem Todestag erwählte, als sie gewahr wurde, daß ihr Kind nicht einmal den Hauch eines linden Abendwindes von Farbe zeigte, sein Haar weiß war wie der Schnee des Nordens, seine Haut ebenso hell wie die der Nordleute, die Augen so rot als die Augen der Dämonen beschrieben. Mein Vater nun gab mich als sein zu jener Zeit erstes und einziges Kind in die Obhut einer mohischen Amme, die, beseelt von ihrem Aberglauben, mich aufzog als ein vom göttlichen Jaguar erwähltes Wesen, trotz ihrer Furcht und Ehrfurcht mir die einzige Zuneigung schenkte, die ich im Zelt meiner Eltern erfuhr.


Im Alter von fünf Jahren kam die Zeit meines ersten Schmucks, das Anlegen der ersten Ringe, gestochen duch Ohren und Nasenflügel, was die Schwester meines Vaters mit solch zittriger Hand tat, daß mir das Blut über die festliche und kostbare Kleidung des Tags des Schmucks rann. Rastullah gab mir die Stärke, keine Tränen zu vergießen und nicht zu weichen, als die ungeschickte Frau ihr unseliges Werk vollbrachte, so daß mein Vater nicht umhin konnte, mir nach Sitte und Gesetz vier Jahre später die Kunst des Kampfes zu lehren. Seine größte Schmach mag es gewesen sein, als ich meine beiden jüngeren Brüder dabei überwand, mich zu oft als Siegerin erwies.
Kaum vierzehn Jahreswechsel zählend, für die Ehe wohl geschult, ward ein Ehevertrag geschlossen, der mich in die Fremde trieb - anderenfalls wäre mir nur ein Leben voller Leid und Erniedrigung beschieden gewesen.
Ich lernte es, meine Haare, mein Gesicht zu färben, meine Augen hinter Schleiern zu verbergen, die Kleidung zu wechseln wie die Orte, durch die ich wanderte, von einem einzigen Freund begleitet, dem Hengstfohlen, das ich in einem Moment des Vergessens und der Voraussehung auf dem Pferdemarkt Mherweds aus mehr Mitleid denn Verstand erstand, es da kaum auf seinen drei kranken und dem einzigen gesunden Bein zu stehen vermochte. Wurde doch Aram, gelehrig und klug, Retter aus manch gefährlicher Lage und Vater meiner beiden Rösser, die noch heute mir zugetan und gehorsam sind. Die folgenden Jahre, bald mögen es zwei Jahrzehnte sein, lernte ich die Weiten Aventuriens kennen, die Wesen, die dort leben. Ich ernährte mich von dem Glück, das mir Rastullah beschied, und dem Wert meiner Klinge. Aber erst nach sieben Jahren der Wanderung, nach der Reise durch das Land, das man hier das Güldenen nennt - und das sowohl zu recht als zu unrecht - wagte ich mich wieder in die Länder meiner Vorfahren, gewöhnte es mir dort an, nicht nur meinen Namen, sondern ebenso mein Geschlecht zu verbergen, was mir nun wie zu einer zweiten Haut geworden. Die Abenteuer, die ich bestand, bestand ich unter vielen Namen, da ich keinen eigenen trage, mir meine Eltern den meinigen nicht gegeben. Auch gegen die Schergen Al'Anfas im Krieg meiner Brüder und Schwestern zog ich als Krieger, wie Ihr wohl wißt, und wenn Ihr es nicht selbst erraten, hättet Ihr, Meine Königlichste Majestät, wohl nie erfahren, daß ich nicht derjenige bin, in dessen Namen meine Klinge gezogen und geführt.


So kennt Ihr nun die wichtigsten Dinge, die mir geschehen, was das Bild, das Ihr bereits gezeichnet, runden mag. Ich versichere Euch meiner tiefen Verehrung und meiner aufrichtigen Bereitschaft für das Volk der Kemi, das Königreich der Kemi und Euch, Meine allerköniglichste Nisut, zu tun, was in meinen bescheidenen Kräften und Fähigkeiten steht, Rastullah möge mir helfen, um mich der Heimat, die Ihr mir geboten und die ich nie besessen, würdig zu erweisen, verstände es aber gut, wenn es Euch, die Ihr nie vorher mein Angesicht geschaut, nun zum Wohle dieses Landes und dessen, was darin, meiner Treue nicht mehr verlangt." Dajin ibn Said, die sich im Freiheitskrieg unter anderem an der Seite der Nisut auszeichnete, erhielt wenig später von Ihrer Majestät den Namen Zarachat saba Ta’at, dessen Bedeutung "Die Wahrhaftige, Tochter der Treue" ist, und die Grafschaft Ordoreum zum Lehen.
Dort hielt es sie viele Jahre lang, ehe sie ihrem Drang nach der Ferne nachgab und im Auftrag der Nisut im jahre 25 S.G. deren Botschaft ins ferne Güldenland zu bringen trachtete. Viel reiste sie, doch ihr Ziel konnte sie nie erreichen. Nach siebenjähriger Irrfahrt kehrte sie nach Khefu zurück und wurde sogleich mit einem anderen Posten betraut. Nun vertritt sie die Positionen des Kemi-Reiches beim Allierten in Ghurenia.