Kolonialminister, Sah Ni König-Kacha-Archipel

Die Götter zum Gruße, was ist Eurer Begehr? Wie bitte? Was der Herr Repa so für ein Mensch ist? Nun, mein Bester, es sollte mir tatsächlich nicht schwer fallen, Eurer Bitte um einer Beschreibung unseres Landesherren nachzukommen. Meine Wenigkeit kann immerhin mit Recht von sich behaupten, daß sie neben der Gattin und den Kindern seiner Durchlaucht die Person ist, die am meisten mit ihm zu tun hat. Übrigens, ich bin Kanderman Sordenbrack, der Schreiber des Repa, oder wie man mancherorts zu sagen pflegt: Der Kanzler.


Nun, wo soll ich beginnen? Hmm..., seid Ihr seiner Durchlaucht schon einmal begegnet? Nein - aha, nun so laßt mich zunächst sein Äußeres beschreiben. Ganz unter uns, Ihr wollt mich doch hoffentlich nicht aushorchen und dann irgendwo in einer Postille zitieren? Nicht...? Hätte mich auch gewundert. Ich habe gleich den Ehrenmann in Euch erkannt. Na, dann kann ich ja getrost erzählen...
Das wohl Auffälligste an ihm ist sein Holzbein. Der Ferscht - so nennen ihn seine Freunde, wenn er nicht anwesend ist - hat eine ganze Sammlung davon, und vielleicht habt Ihr ja auch gehört, daß ihm sein Lieblingsstück vor kurzer Zeit gestohlen wurde. Es war aber auch ein schönes Teil, aus dem Gebein irgend eines großen Tieres geschnitzt, mit Runen verziert und auch richtig angepaßt... Aber ich glaube, wir wollen hier nicht über durchlauchtigste Prothesen reden. Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja..., das Erscheinungsbild: Der Repa ist ohne Zweifel einer der stattlichsten Männer im ganzen Kemireich, insbesondere da doch der Südländer im Allgemeinen von etwas zerbrechlicher Erscheinung zu sein pflegt. Ich habe hier eine Miniatur, seht Ihr. Übrigens überaus trefflich dargestellt, die Ähnlichkeit ist wirklich erstaunlich... Das hat der Herr Cortani gemalt, Ihr wißt schon, dieser Baumeister, der inzwischen recht hoch in der Gunst der Frau Nisut steht.


Ah ja, Ihre Majestät, die Nisut. Ich muß schon sagen, der Herr Repa ist ein großer Verehrer unserer Herrin. Torben Jandarason nimmt seinen Treueschwur sehr ernst und nichts im Land zählt mehr für ihn als das Wort seiner Königin. Man munkelt ja immer, daß es im Kemi-Reich Parteigänger und Fraktionen gewisser Würdenträger gäbe - Ihr wißt schon was ich meine - aber der Fürst steht in Treue fest einzig zur Nisut. Ihr Wunsch allein ist oberster Befehl. Und von seinen Untertanen erwartet er natürlich die gleiche Hingabe. Da wollten sich doch zum Beispiel einmal einige Adelige bei einer von der Nisut darselbst verordneten Abstimmung der Stimme enthalten - da ist der Herr Repa aber dreingefahren: Wenn die Nisut jemand beauftragt, eine Entscheidung zu fällen, dann gibt es nichts wichtigeres, als dies auch schnellstens zu tun, und wenn Ihre Majestät sagt "Spring", dann wird augenblicklich Gesprungen. Da gibts kein Heulen und Zähneklappern - und ein "Vielleicht" schon gleich zweimal nicht. Ja, so ist er, unser Ferscht, und so hat er es mir in die Feder diktieren wollen. Ich muß sowieso die Korrespondenz in die geziehmente Form bringen, denn mit der Etikette nimmt er es manchmal nicht so genau. Da kommt es schon vor, daß der eine ein "Idiot" oder der andere ein "Schwätzer" ist. Überhaupt kommt es mir manchmal so vor, als wären wir hier in Neu-Prêm allesamt auf einem Schiff und der Herr Repa ist unser Kapitän, oder Hetmann, wie es wohl nordisch richtiger heißt.
Ja, ja, unser Ferscht... eigentlich kam die Ernennung zum Repa von Neu-Prêm für niemanden überraschender als für ihn selbst. Der plötzliche Tod seiner Vorgängerin und Schwester Iskra hat ihn sehr getroffen. Als die Nisut ihm dann das Lehen zu treuen Händen übergab, hat er sich dieser Aufgabe mit Leib und Seele verschworen; einmal seiner Schwester zum Gedenken, um ihr ein würdiger Nachfolger zu sein, zum anderen natürlich auch aus Dankbarkeit gegenüber seiner Königin.


Doch, zugegeben, er war dann ganz froh, das Amt wieder aufzugeben. Heute ist der Ferscht Kolonialminister. Das bedeutet, er kümmert sich um alle Dinge, die die Insel betreffen. Was der Unterschied zum vorherigen Amt ist? Nun... äh... also... Jetzt muß ich aber weiter. Ich hoffe ich konnte Eure Neugierde befriedigen. Habt Dank für den Wein... ausge- äh, wie sagt man... zeichneter Tropfen... hoppla, mir ist schon ganz schwindlig...