Raaban Ayin Bardo Thödol

Akîb Ni Djerniako

Des Sterbens Beginn war der 17. TRAvia im Götterlauf 23 v.H.


Raaban ist der zweitgeborene Sohn von Boromir Akîb Ni Djerniako und seiner Gemahlin, einer vor 1100 Jahren mit den Truppen des bosparanischen Erobererkaisers Orba-Horas eingewanderten liebfelder Familie, die es in den folgenden Jahrhunderten zu Macht und Ansehen im Reiche brachte. Als im Jahre 34 v. S.G. der damalige Hohepriester Alrigio Mezkarai seine Feinde blutig niedermachen ließ, da waren auch die mit der Familie Pâestumai - seit Jahrhunderten erbitterte Widersacher der Mezkarai - verbündeten ya Calvariez ein Ziel der Wut des despotischen Hohepriesters, und die Familie floh in einer abenteuerlichen Nacht- und Nebel-Aktion über die nördliche Grenze des Reiches, in die heutige Provinz Djerniako. Dort verschafften die ya Calvariez nach der Vertreibung der vagabundierenden Renegaten, Banditen und Piraten den gegen die Mezkarai in einen blutigen Untergrundkrieg ziehenden Familien - die sich zum sogenannten Corvikaner-Bund vereinigten - eine Ausgangsbasis für den Kampf. Dieser verlief derart erfolgreich, daß die Corvikaner binnen vierer Götterläufe in Djerniako eine eigenständige, rebellische "Provinz" Djerniako unter der Führung des vom Corvikaner-Anführer Boronfried Sá'kurat ernannten "Akîb" Boromir ya Calvariez ausrufen konnten, die vor den Mezkarai-Schergen Sicherheit und uneinnehmbare Zuflucht bot. So residierte der Akîb schon ab dem Jahre 29 v. S.G. in einer trutzigen Palastburg, die er "Memento Mori" hieß. Dort wurde im Jahre 27 v. S.G. der junge Raaban geboren, der als wohlbehütetes Kind einer reichen Familie in sicherer Zuflucht nie besondere Unbillen zu ertragen hatte, und der recht verwöhnte Bengel schien für seine Zukunft vor allem eines geplant zu haben: den älteren Bruder irgendwann um den Adelstitel der Familie zu beerben.

 

Doch als Raaban 10 Götterläufe alt war, da starb die geliebte Mutter an einem schweren Sumpffieber, von dem kein Medicus und kein herbeigerufener Heiler der Waldmenschen sie hatte heilen können. Der Tod der Mutter hinterließ einen düsteren Schleier auf dem gesamten Geschlecht derer ni Djerniako. Der Vater zog sich daraufhin von der Welt zurück, immer öfter besuchte er die Tempel der schweigsamen Brüder und Schwestern, die dem Herrn der Toten ihr Leben gewidmet hatten, um bei ihnen Trost und Ruhe zu finden. Dem jungen Raaban aber dauerte das Schicksal seines Vaters, und er besuchte ihn oft in den stillen Mauern des Rabentempels. So kam Raaban in engeren Kontakt mit den Priestern des Alten Gottes. Als er sah, wie wohl seinem geliebten Vater der Trost und der Beistand der Priesterschaft taten, stand sein Entschluß fest: er selbst würde in die Dienste des Raben treten. Mit der Zustimmung seines Vaters nahm Raaban mit 14 das Noviziat auf, und wurde im Alter von 22 Götterläufen endlich geweiht, nachdem sich der junge Bruder von seinem damaligen Corvikaner-Mehib - niemand anderes als der Erhabene Abt Boronfried Sá'kurat selbselbstens - erbeten hatte, auch die anderen Kulte des Herrn BORon kennenzulernen.

 

So war Raaban schon zu Zeiten seiner Ausbildung weit in Aventurien herumgekommen, denn sein Mehib hatte ihn der diplomatischen Delegation als Schreiber zugeteilt. Es verwunderte niemanden in der Kirche, daß der sehr introvertierte, aber ungemein charismatische Raaban eine steile Karriere machte, insbesondere nachdem die Heilige Eminenz Boronya von Nedjhit die Versöhnung der Staatskirche mit den abtrünnigen Corvikanern erreicht hatte. Schließlich wurde er sogar selbst kirchlicher Nuntius, und zwar in Punin. Nachdem im Jahre 26 S.G. Raabans älterer Bruder, der den bis dahin von der Krone nicht anerkannten Corvikaner-Titel des Vaters geerbt hatte, bei einem Unwetter auf See verschollen geblieben war, kehrte Raaban trotz seiner geistlichen Verdienste ins Reich heim, und führt nun - nachdem der Erbanspruch der Familie ya Calvariez nach Fürsprache der Heiligen Eminenz schließlich von der Nisut bestätigt wurde - als Akîb ni Djerniako die Tradition seiner stolzen Familie fort, denn den "Fremden", die nach der Wiedergewinnung Djerniakos für das Reich im Jahre 15 dort regiert hatten, war allesamt kein Glück beschieden gewesen. Doch ihre Eminenz hatte noch ganz andere Pläne mit dem Veteranen der Kirche. Sie erhob ihn ob seines Einsatzes um den Glauben an den Herrn BORon zum Mehib der angesehenen Kirchenprovinz Tarethon, und bestellte ihn zugleich zu ihrem persönlichen Berater und hohen Zeremoniar in kultisch-praktischen Belangen der kemischen Kirche des Raben.

 

Raaban Ayin Bardo Thödol Golgarthan ist ein sehr vergeistigter, wortgewandter und diplomatischer Vertreter der kemischen Kirche. Der Mehib, der ja lange Zeit an den diplomatischen Gesandtschaften des Reiches und der Reichskirche beteiligt war, hat bereits viel gesehen. Nichts bringt ihn so leicht aus der Fassung, und er verfügt -selbst für einen Rabendiener - über eine geradezu unmenschliche Selbstbeherrschung. Er ist jedoch nicht frei von Eitelkeit, und er huldigt in geringen Dosen durchaus der Selbstbeweihräucherung. Sein Amt als Zeremoniar macht ihm das natürlich verhältnismäßig leicht. Sein ruhiges Wesen und seine vertrauenerweckende Art öffnen ihm viele Türen und Herzen, und führen auch dazu, daß ihm Dinge erzählt werden, die bei Weitem nicht jeder erfahren würde. Als geschickter Taktiker weiß der Akîb-Mehib natürlich genau, welche und wieviele dieser Informationen er wofür verwenden kann, was ihn zu einem durchaus wertvollen, nichts desto trotz aber auch gefährlichen Verhandlungspartner macht... denn wer will schon mit Sicherheit sagen, was der äußerlich unbewegte Rabendiener wirklich denkt...

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Unzufrieden mit dem seiner Ansicht nach zu dominierenden weltlichen Einfluß am kem'schen Hof. täuschte Raaban ya Calvariez im Jahre 28 S.G. während einer diplomatischen Mission in Garteh seinen Tod vor, um sich nach Anûr abzusetzen, wo er heute im engesten Gefolge der abtrünnigen Prinzessin Rhônda dient.