Mirhiban saba Yashima
Sahet Ni Kanchera, Kapitänin der "Rabenklaue"
Das Feuer, dass die Piraten im ehemaligen großen Speisezimmer des Herrenhauses von Kanchera errichtet hatten, prasselte vor sich hin. Nicht mehr viel war von diesem Herrenhaus geblieben. Durch beide Stockwerke des ehemals prächtig anzusehenden Herrenhauses war schon vor langer Zeit ein Mohagonibaum gebrochen und unter eben diesem Mohagonibaum saß nun ein Grüppchen der Korsaren.
"Und Rastafan, was hälst du von diesem Hexenweib?", ergriff Tjorven das Wort.
Der angesprochene, der sich einen Spaß daraus machte einem der Affen, die die Krone des Baumes bewohnten mit einem Stück Brot zu dressieren, schaute Tjorven überrascht an. Einen Moment zu lange war er abgelenkt, so dass das kleine Äffchen in ansprang und nach dem Brot biß, das er noch in der Hand hielt. "Au, bei Efferds Bart, du al'anfanisches Mistvieh." Er schüttelte seine schmerzende Hand und schaute Tjorven dann wieder an. "Sei bloß ruhig, Rastafan. Wenn sie dich hört, dann verwandelt sie dich in eine Kröte."
"Ach was, das kann sie doch sowieso nicht. Oder etwa doch?" Ängstlich schaute sich Rastafan um und wurde leiser. "Schon gut, aber was hälst du denn jetzt von ihr?"
"Nun, ich denke, dass man gegen sie nichts sagen sollte, zumindest nicht so laut. Wir hätten sie damals einfach ohne Geld wieder zurückbringen sollen."
Der dicke Rhuban schenke sich einen weiteren Becher Schnaps ein und pflichtete Tjorven bei: "Ja, du hast Recht. Ein schöner Reinfall war das. Da entführt man eine aranische Prinzessin und niemand will für sie zahlen. Naja, spätestens da hätten wir misstrauisch werden sollen, aber nein, wir waren ja so heiß auf das Gold. Und bevor wir dann nach Sylla kamen, hat sie schon den alten de Castaro, Boron sei ihm gnädig, um den Finger gewickelt. Richtig vernarrt war der alte Seebär. Nach seinem Tod hätte dann "Messer" oder Chem'Meinuk das Kommando übernehmen sollen, aber die beiden waren ja auch begeistert von ihr, obwohl sie vorher eine andere Meinung hatten."
Rastafan war gerade wieder dabei ein kleines Affenjunges mit aranischem Zuckerbrot zu locken, als er sich wieder meldete: "Nun, wer hätte denn noch was sagen sollen, als sie Mardus mit einem Faustschlag niederstreckte. Ich habe noch nie gesehen, dass so eine kleine zierliche Frau einen solchen Hünen niederschlagen kann, da war bestimmt Hexenwerk im Spiel. Und dann macht sie der neue Baron auch noch zur Edlen Dame, einfach so. Na das ihr ihr ja gefallen. War ja schon immer etwas besseres. Vielleicht sollten wir sie ja einfach absetzen."
"Hör lieber auf, wer weiß wo die Alte steckt."
"Ja, wer weiß das schon.", kam die Stimme einer jungen Frau hinter dem Baum empor und ließ die Freibeuter hochfahren. Über ihren Köpfen krächzte der Rabe, der ständige Begleiter der Kapitänin. Mit eleganten Schritten kam die Aranierin um den Baum herum und schaute die Männer mit blizenden Augen an. "Wie ich sehe, unterhaltet ihr euch ja sehr gut."
"Nun, äh, na ja." Nervös trat der dicke Ruban von einem auf den anderen Fuß. "Wißt ihr, edle Dame, wir haben gerade von euch gesprochen. Wie glücklich wir sind, dass ihr nun das Kommando übernommen habt und wie schön ihr seid und so... Naja, ihr wißt schon, was Männer eben so reden, wenn sie zusammen sind."
"Ach ja, was Männer eben so reden?", während sie die Worte Rubans wiederhalte schaute sie auf den Affen, der sich gerade mit einem dümmlichen Gesichtsausdruck zwischen den Beinen krazte.
"Ja, genau."
Sie ging weiter auf den großen, dicken Mann zu, der immer nervöser wurde und ihrem Blick auswich. "Nun, ihr findet also, dass ich schön bin?"
"Ähm, Ja, ich meine natürlich Nein oder doch, Ja, ich weiß nicht, was wäre euch denn lieber???" Ein Raunen geht durch den Rest der Anwesenden und der Dicke schaute die zierliche Frau unsicher und ängstlich an.
"Nun, findest du mich nun schön oder nicht?" Sanft und langsam strich sie mit ihren langen Fingernägeln seinen Halsbeuge und seine Brust herab, umkreiste dabei seine Brustwarzen und fuhr weiter herab. "Nun, entscheide dich doch mal."
"Nun ja, wenn das so ist...." Er begann lüstern, leicht dümmlich zu grinsen und die Menge entspannte sich. "Also natürlich sei ihr die schönste Frau Deres und wir sind natürlich glücklich unter euch zu dienen." Ein dünner Speichelfaden lief ihm aus dem Mund, als er gerade nach ihren Brüsten greifen wollte, aber ein stechender Schmerz in seinen Lenden ließ ihn auf die Knie gehen.
"Ich werde nicht dulden, dass ihr noch einmal so respektlos über mich sprecht." Ein zustimmendes Krächzen des Rabens, der über ihre Köpfe am nächtlichen Himmel seine Kreise zog. Die Aranierin näherte sich mit ihrem Kopf dem schmerzverzehrten Gesicht Rubans, seine Männlichkeit immer noch im festem Griff. "Und du geiler Bock, hör auf mich so debil anzugrinsen. Es gibt hier schließlich genug Astlöcher für dich, das sollte dir reichen. Und ihr," sie schaute mit blitzenden Augen in den Kreis ihrer Männer, die langsam zurückwichen. "Für Euch steht hinter dem Baum ein Faß mit Rum aus Merkem, aber beeilt Euch, sonst sind die Affen wieder einmal schneller als ihr denkt."
Während die Männer erst vorsichtig hinter den Baum schauten und sich dann glücklich über den Rum hermachten und ihre großzügige Kapitänin hochleben ließen, ging die Sahet ni Kanchera nach draußen in die Nacht, ihr Rabe landete sanft auf ihrer Schulter. Niemand wunderte sich, woher das Faß denn kam oder wie sie es dort hoch geschafft hat. Mit leisen Schritten verließ sie das Haus und ging zum Tempel des Boron. "Wie viele Kämpfe wird es denn noch geben, bevor sie endlich einsehen, dass es die Bestimmung einer Frau ist über das schwache Geschlecht zu herrschen und es zu führen, alte Gefährtin? Wie viel besser war das doch in Aranien." Leise zustimmend krächste der Rabe auf ihrer Schulter.
Eine aranische Rabenhexe und Adlige, dass ist Mirhiban saba Yashima. Eigentlich wollte sie nie nach Kemi, kannte das Káhet noch nicht einmal. Warum sie nun hier ist, dass ist eine lange Geschichte. Sie wuchs in Aranien auf und führte dort eine behütete Kindheit. Ihre Mutter schulte sie in den alten Traditionen und Künsten der aranischen Hexen. Von ihr lernte Mirhiban auch alles, was sie als Adlige können musste und wie man ein Lehen verwaltet. Als ihre Eltern dann bei einem Überfall starben übernahm sie das Lehen und ließ die Schuldigen ohne Gnade jagen und richten. Sie lebte sich schnell in die Gesellschaft des aranischen Adels ein und ihre Art brachte ihr viele Feine, aber auch einige Freunde. Sie war arrogant und charismatisch, intelligent und schön, bestimmt und loyal. Mirhiban liebte es , die, die sie nicht leiden konnte, zu verspotten und Bloß zu stellen und es waren nicht wenige. Sie wusste, dass sie zu etwas Höherem bestimmt ist und zeigte es denen, die es ihrer Meinung nach nicht waren, schließlich war sie eine Frau, eine Adlige und eine Hexe, alles also, was in ihrer Heimat Arnien etwas zählte. Für ihre Freunde kämpfte sie immer, aber gegen ihre Feinde war sie unerbittlich. Irgendwann hatte sie sich dann zu viele Feinde gemacht und man fand, dass sie für die Politik ungeeignet war. So kam es, dass man El'Mariachi de Castaro im Geheimen überredete, die hübsche Prinzessin zu entführen, um sie gegen Lösegeld frei zu lassen. Für den Kapitän der Rabenklaue klang der Plan gut und so setzte er ihn in die Tat um. Er entführte sie als sie gerade einen Ausritt am Strand ihres Lehens machte und brachte sie aus sein Schiff. Dann forderte er Lösegeld, aber keiner wollte für sie zahlen, man war froh, dass man sie endlich los war. Nicht nur das, der Kapitän war schließlich froh, dass er mit Mühe und Not einem aranischen Piratenjäger entkam, der versuchte ihn zu versenken. Also wollte man versuchen sie in Sylla loszuwerden, aber sie schaffte es, den Kapitän und seine wichtigsten Getreuen um den Finger zu wickeln. Sie sah ein, dass es wohl keinen Zweck hatte in ihre Heimat zurückzugehen und so beschloß sie einstweilen ganz langsam die Herrschaft über das Schiff mit einer Mischung aus ihren Verführungskünsten, ihren Zaubern und der Angst der Matrosen vor ihren Kräften zu erringen. Der Kapitän versenkte schließlich in der Bucht von Hôt-Alem eine Schwarze Galeere und ermöglichte so zwei Schiffen des Kahets die Flucht. Dafür belohnte man ihn mit dem Posten des Akîb ni Rekáchet. Er beschloß Kanchera zu seinem Verwaltungssitz zu machen und das alte Herrenhaus wieder herzurichten. Mirhiban, seine Geliebte, sollte Edle dieses neuen Regierungssitzes werden, ein Gedanke, der ihr gefiel. Sie würde wieder adlig sein und ein horasisches Herrenhaus war auch nicht schlecht. Bevor der Baron aber ihre Ernennung vorbringen konnte, erlag er seinen Wunden, die er in der Schlacht um Mohema erlitten hatte. Sie war nicht dort als die Rekas angriffen, sondern blieb auf dem Schiff, nicht gewillt einen Fuß freiwillig in diese grüne Hölle zu setzen bevor sie nicht ihren Titel bekommen hat, um den er den Neset bitten wollte. Als sie von seinem Tod erfuhr, kochte sie vor Wut. Wieder einmal war einer ihrer Pläne gescheitert und wieder einmal hatte sie ihren Adelstitel verloren. Aber es sollte noch anders kommen. Sie ergriff alle Vorbereitungen das Land bald wieder zu verlassen und festigte ihre Stellung auf der Rabenklaue. Nach dem Tod de Castaros ernannte der Neset von Grauenberg dessen Bruder zum Akîb und dieser erfüllte den letzten Wunsch seines Vorgängers. Akîb Fiorenzo el'Corvo reiste, nachdem wider Ruhe in Mohema eingekehrt war, nach Kanchera und überbrachte Mirhiban zwei Nachrichten. Die erste war, dass es der Wille seines Bruders war, dass sie zur Sahet ni Kanchera ernannt wird, ein Wunsch, dem auch der Neset zugestimmt hat. Das zweite war, dass die letzten Worte seines Bruders ihr galten. Er hätte sich gewünscht, dass seine einzige Liebe bei ihm gewesen wäre. Diese Worte bewegten Mirhiban sehr und klangen in ihr nach. Konnte es sein, dass es mehr als nur ihre Hexenkünste gewesen sind, die dort gewirkt hatten? Und dieser Mann war nun tot, weil sie nicht bei ihm war, sondern lieber hier auf dem Schiff schmollte. Dieses Ereignis veränderte ihr Leben in einigen Punkten. Sie lehnte die Ernennung ab, suchte die Nähe der Boronspriester, die den Tempel betreuten und beschloß, sein Andenken aufrecht zu halten, indem sie mit seinem Schiff weiterhin gegen die Feinde des Kahets, el'Corvos Wahlheimat, segelte und sie wurde sich bewußt, dass es wohl einige Leute mehr gab, die sie nicht einfach leichtfertig abtun sollte. Erst fünf Jahre später nahm sie den Sah-Posten an, doch ganze zwei Wochen später erfuhr sie dann, dass man den Akîbssitz wieder nach Mohema verlegen wollte. Somit war ihr Traum von der Edlen der Hauptstadt Rekáchets und Herrin über ein frisch renoviertes Herrenhaus ausgeträumt. Sie versuchte zwar alles um dies zu verhindern, aber der Akîb erwies sich als resistent gegen alle Versuche von ihr. So blieb ihr nichts anderes übrig, als das beste daraus zu machen und dieses stinkende Sumpfloch so oft wie möglich auf der Brücke ihres Schiffes zu verlassen.
Miriban ist eine zierliche schöne Frau von fast 1,80 Höhe. Ihr glattes, schwarzes Harr fällt ihr bis auf die Schultern und ihre Augen vermitteln ihrer Umgebung, was sie fühlt. Die lange Zeit auf See und im Kahet haben ihre Haut gebräunt, so daß man fast meinen könnte, eine der Einheimischen vor sich zu haben, aber sie ist zu sehr Tulamidin, ihr fehlen die typischen kem'schen Gesichtszüge. Auch ihre Kleidung drück ihre Herkunft aus. Typisch tulamdisch ist sie steht gewandet. Puderhosen, Westen, Schleier, güldener Schmuck..., all das kann man an ihr bewundern. Ihre ständige Begleiterin ist ihr Boronsrabe Shila, die ihr nicht von der Seite weicht. Das bedeutet nicht, dass man sie immer sehen muß, aber in der Nähe ist sie immer.