Lirobal ni Ladrón

Akîb Ni Táyâb

Wenn Lirobal einen mit seinen gräulich-grünen, harten Augen fixiert, wird auch jedem noch so gestandenen Mann mulmig. Sie fixieren das Objekt seiner Betrachtung unerbittlich, lassen es nicht mehr los. Das eigentümliche Funkeln in seinen Augen geben seinem Blick noch das Spürchen Geheimnisvolles. Umramt wird sein wettergegerbtes Gesicht von langen, strähnigen, feuerroten Haaren. Seine zähe Haut ist von zahlreichen Narben übersät, darunter auch eine grosse Narbe an seiner rechten Schulter, die eindeutig Abdrücke von Haifischzähnen zeigt. Just diese Zähne baumeln mittlerweile jedoch an einer ledernen Halskette um seinen Hals. Ein struppiger Drei-Tage-Bart kompletiert sein Gesicht, das wie aus einem alten tulamidischen Märchen zu stammen scheint. Durch all diese Merkmale ist es sehr schwer sein Alter zu schätzen, vor allem da einige silberne Strähnen sich in seine roten Haaren mischen.


Sein 1,80 Schritt grosser, schlanker Körper steckt meistens in einer typischen Seefahrerkleidung, selbst jetzt, da er der See für einige Zeit den Rücken gekehrt hat. Seine Beinkleider bestehen aus schlichtem Leder und ein altes Leinenhemd umschließt seinen muskulösen und sonnengebräunten Oberkörper. Wenn es kälter wird - oder auf See - gesellt sich zu dem Hemd noch eine blaue, reichverzierte Weste, welche aus seinen Beutebeständen stammt. Um seine Hüfte ist ein ebenfalls luxuriös, ja fast schon verschwenderischer, schwerer Gürtel geschlungen, in dem ein Kusliker Säbel und einige Wurfdolche stecken. Seine Füße stecken wiederum in schlichten hohen Stiefeln, die schon manche Planken gesehen haben.
Wenn man ihm beim Gehen genau beobachtet, so bemerkt man, wie er sein linkes Bein ein wenig nachzieht. Das rührt daher, daß er bei einem Kampf sein linkes Bein verlor und schon seit einiger Zeit mit einer hölzernen Protese herumschreitet, so daß sie ihm mittlerweile auch beim Kampfe nicht mehr behindert. Alles in allem macht er einen sehr verwegenen Eindruck, der noch dadurch bestärkt wird, dass er stets ein Zigarretenröllchen dem immer Ilmenblatt beigefügt ist, in seinem Mund steckt.

 

An einem stürmischen Tag im Monate des BORons wurde Lirobal in einer kleinen schäbigen Sklavenhütte in der Nähe Al'Anfas geboren. Sein Kindheit verlief wie die Kindheit so mancher Sklavenkinder. Das Leben war hart, die Arbeit noch härter und PRAios schien unablässlig auf die schuftenden Arbeiter. Lirobal allerdings faszinierte schon immer die See, und eines Tages beschloß er zu fliehen. Die Gelegenheit dazu bot sich, als die Sklaven auf Flößen den Fluß hinunterfuhren. Lirobal ließ sich in das Wasser fallen und durchschwamm den von Krokodilen verseuchten Fluß. Er schlug sich einige Zeit alleine durch den Dschungel, und daß er es als 13-jähriger lebendig bis nach Hôt-Alem schaffte, grenzte an ein Wunder. Dort heuerte er auf einer Zedrakke als Schiffsjunge an und stach zum erstenmal in See. Zu diesem Zeitpunkt wußte er allerdings nicht, daß er auf einem Piratenschiff angeheuert hatte. So wuchs er ein zweites Mal auf, lernte das Piratenhandwerk aus besten Händen, denn der Kapitän des Schiffes hatte ein goldenes Händchen und so war die ganze Manschaft zufrieden.


Lirobal hatte allerdings doppeltes Glück, da ihn der Zahlmeister - ein Agent des kem'schen Geheimdienstes - unter seine Fittiche nahm und ihm das Lesen und Schreiben - und einige Kniffe seines diskreten Berzufsstandes - beibrachte. So arbeitete er sich langsam hoch. Aus dem kleinen Schiffsjunge wurde innert 10 Jahre der Erste Offizier der "Schwarzen Seuche", so der Name der Zedrakke. Er genoß großes Ansehen bei den Matrosen und nütze dieses aus, um sich durch eine Intrige und anschließende Meuterei selber zum Kapitän zu ernnen.
Eines Abends begegnete er der Mohahure Hahatonwan. Sie war die einzige Frau, die etwas in seinem Herzen berührte und so raubte er sie kurzerhand. Sein Glück war, daß auch sie sich angezogen fühlte von ihm und so entsprang ihrer tiefen und ehrlichen Liebe ein Sohn. Als sich die Spannungen zwischen dem Al`Anfanischen Imperium und dem Kemi Reich verstärkten, beschloß er, sich auf die Seite der Kemi zu schlagen und erwarb so dank der Beziehungen seines Lehrers bei dem Grafen Dio de Cavazo den Kaperbrief. Mit diesem Recht ausgestattet, brachte er so manch al'anfanisches Schiff auf. Bald schon wurde der kem'sche Geheimdienst aufgrund der Berichte seines ehemaligen Lehrers, des Zahlmeisters der "Schwarzen Seuche", auf den jungen Mann aufmerksam. Zahlreiche gefährliche Missionen gegen die Al'Anfaner und das garethisch besetzte Hôt-Alem erledigte er erfolgreich und mit herausragender Kühnheit, so daß manches kem'sche Leben gerettet werden konnte.
Dio de Cavazo ist aber ein Mann, der erfolgreiche und loyale Agenten schätzt, und so entwickelte sich aus den großzügigen Belohnungen und Auszeichnungen, die Lirobal erhielt, eine gewisse Treue zu dem Grafen. Nach einigen weiteren Jahren auf See, bei dem er so manches erlebte, stieg ihm sein Glück langsam zu Kopfe und er entschloß einen waghalsigen Angriff auf die al'anfanische Seidenkarawane - unklar ist bis heute, ob der Kanzler in diese Pläne einbezogen war. Nachdem er einige alte befreundete Kapitäne mit in seinen Plan einbezog, ohne allerdings wirklich daran zu denken, die Beute mit ihnen zu teilen, überfielen sie die Karawane. Bei diesem Kampfe allerdings verlor er alles. Seine geliebte Frau starb und sein Sohn wurde von den Al`Anfanern gefangengenommen, sein Schiff zerstört und seine Manschaft komplett aufgerieben. Nur mit sehr viel Glück konnte er sich auf ein Beiboot retten, mit einem Teil der Beute und der Leiche seiner Frau. Nachdem er einige Tage auf dem Meer herumirrte, dem Wahnsinn nahe, wurde er von Waldmenschen aufgegabelt. Sein Pech war allerdings, das es sich dabei um den Stamm von seiner Frau handelte, die ihn natürlich sofort gefangennahm und ihn für ihren Tod verantwortlich machte. Um seine Unschuld zu beweisen, musste er einen Kampf mit ihrem heiligen Weissen Hai überleben. Die Götter waren diesesmal allerdings mit ihm, denn er überlebte, wenn auch schwer verwundet. Somit lebte er einige Monate bei den Waldmenschen, lernte ihre Kultur näher kennen und bekam einen neuen Namen, nämlich "Tapam-Wah". Ebenfalls lernte er die Übersetzung des Namens seiner Frau, der soviel bedeutete wie "Rauschkraut". Seit diesen Tagen glimmt jederzeit ein Zigarretenröllchen mit Ilmenblatt in seinem Munde, als Erinnerung an seine Frau. Seine Beute schenkte er den Waldmenschen, allerdings bedient er sich ab und zu noch dort und sie lassen ihn gewähren.


Er kehrte zurück in die Zivilsation und war mit knapp 38 Götterläufen schon ein verbitterter Mann. Als Belohnung für seine großen Verdienst um das Reich und seine bedingungslose Loyalität erhob der mittlerweile zum Repa ernannte Dio de Cavazo den alten Agenten nach kurzer Interimsherrschaft über die Baronie Táyâb zum Sah Ni Porto del Mare, einem wichtigen Hafen in der Provinz Tâyab. Doch richtig glücklich wurde Lirobal auch mit diesem Leben nicht, so daß er bald schon zu den Waldmenschen zurückkehrte.