Tá'akîbet Frencaal

Tasah Zuthedsh Tasah Stramin Hauptstadt Khefu

 

Siedlungen

Khefu

Khefu ist die Hauptstadt des Kemi-Reiches. Khefu, ist eine Stadt, in der es neben den schrecklichen Wunden des vergangenen Unabhängigkeitskrieges manch' Wunderliches, manch' Interessantes und manch' Amüsantes zu hören, sehen oder erfahren gibt. Die Einheimischen sprechen gerne vom Zauber des Samargds des Südens, denn obschon der Nordländer sich in Khefu in einer Vorhölle wähnt, so wird man doch keinen Bürger finden, der sein tropisches Juwel nicht liebt...
Die Stadt Khefu und ihr Umland erfreuten sich lange Zeit dem Status eines eigenen Territoriums, ehe sie nach der Krönung Nisut Elas im Jahre 32 S.G. mit Frencaal vereinigt wurde.

 

Überblick

Einwohner/innen: 1300 (20% Tulamiden, 15% Waldmenschen, 10% Nordländer, 5% Achaz)
Wappen: fliegender Rabe in Silber auf Schwarz
Herrschaft/Politik: Stadtmeister Brodegar der Baum als direkter Vertreter Nisut Ela XV.
Garnisonen: 1 Banner Ordensleute des Hl. Laguan, ein Halbbanner Stadtgardistinnen
Tempel: Boron, Peraine, Praios, Efferd, Rastullah
Wichtige Gasthöfe: Yah (Q10/P10/S20), Falscher Ch'rysk'l (Q5/P4/S3)
Besonderheiten: Hauptstadt des Kemireichs
Stimmung in der Stadt: ein buntes Gemisch aller Rassen und Nationalitäten, immer auf der Jagd nach einem guten Geschäft, seit der Krönung Elas getragen von optimistischer Aufbruchsstimmung
Was die Kemi von ihrer Hauptstadt halten: "Boronverfluchtes, verdorbenes, sündiges Sumpfloch.... wenn ich nicht an der Pest oder einer durchschnittener Kehle sterbe, dann mag mich des Raben Willen so schnell wie möglich wieder in die Heimat führen!"
(Ká'mes Meren'ká, Händlerin aus dem westlichen Merkem)

"Khefu, ah! Smaragd des Südens! Keine schönere Stadt ist da auf dem Derenrund! Oh, Khefu, Stolz der Vergangenheit, Hoffnung der Zukunft!"
(Sekem'rê Nebmes, Poet und Schreiber aus Khefu)

 

Khefu liegt etwa vier Meilen vom Meer entfernt auf der westlichen Seite der Halbinsel von Hôt-Alem. Der hinter der Stadt in einem verzweigten Delta zum Meer hin fließende schlammige Astarôth-Strom ist jedoch tief und breit genug, dass auch größere Schiffe in den Hafen einlaufen können. Das Stadtbild wird denn auch nicht nur von den unzähligen kleinen und untereinander vertäuten Schiffchen des "schwimmenden Marktes" geprägt sondern auch von waffenstarrenden Kriegsschiffen aus dem Horasreich, die auf ihrem Weg zu den Inselkolonien in der Stadt gerne Proviant und Wasser nehmen. Die Gäste tun den Geschäftsleuten Khefus gut, denn sie suchen Amüsement und Kurzweil, so dass der "Smaragd des Südens" eine Reihe von Vergnügungen und Tavernen aufbietet - und damit auch keinen Mangel an Banditen und Halsabschneiderinnen.

 

Der vornehmste Teil der Stadt liegt auf einer Insel in der Mitte des Flusses. Auf der "Inselstadt" reiht sich Palazzo an Palazzo, denn dort residieren, durch eine hohe Mauer vom Rest der Stadt abgeschirmt, die Gesandten fremder Länder, die Mächtigen des Kemi-Reiches sowie die reichen Kaufleute und Beamten der Stadt. Am Nordufer des Flusses liegt das "alte" Khefu, das eine verwirrende Vielfalt architektonischer Stile aufzuweisen hat: neben traditionell kem'schen Holzhäusern auf Stelzen findet man auch das eine oder andere Fachwerkhaus neben tulamidisch geprägten, würfelförmigen Anwesen mit bepflanztem Innenhof.

 

Das Südufer der Stadt wird vom alten Garnisonsgebäude beherrscht, das einst von den altreichischen Conquistadores errichtet wurde und nun den Stadtgardistinnen sowie den Ordensleuten des Hl. Laguan Unterkunft bietet. Darum hat sich ein Konglomerat von schäbigen, elenden Hütten gruppiert, in denen vorwiegend "zivilisierte" Waldmenschen, Arme und allerlei finstere Gestalten hausen. Zweimal schon hat man versucht, auch diesen Stadtteil mit einer Palisade zu umgeben, aber zweimal rissen die Menschen des Elendsviertels diese nieder, um mit dem Holz ihre kleinen Hütten auszubessern.

 

...mit anderen Augen

"... wir waren aus der Hand der Piraten glücklich entkommen. Du weißt, daß jene 'Haie von Sylla', wie sie sich nennen, Jagd auf alle Schiffe rund um Altimon machen. Sie hatten uns geentert und mitgenommen, was sie eben greifen konnten, aber das Leben haben sie uns gelassen. Unser Kapitän wollte schnellstmöglich wieder Proviant aufnehmen, jedoch verbot es sich, Höt-Alem anzulaufen, weil es dort um diese Jahreszeit von Stechmücken, Moskitos und anderem Gekreuch so derart wimmelt, daß wir uns in die Klauen der Piraten zurückgewünscht hätten, meinte der Kapitän.
Also steuerten wir das Dorf Maihehm am Kap Caal an, denn dort sollen freundliche Menschen leben. Zuerst mußten wir das Astaroth-Delta passieren, ein recht ansehnlicher, aber schlammiger Fluß, der alle Praiosläufe sein Bett ändert, doch hatten wir einen Mohamestizen dabei, der sich sehr gut auskannte, so daß wir alle Untiefen umfahren konnten und nur wenige Male an Wurzeln, Sandbänke oder schwimmende Baumstämme stießen, bis wir aus dem Mangrovedickicht heraus waren. Danach wurde das Land für Regenwaldverhältnisse lieblich, es gab zwar noch den Urwald, wie Du ihn Dir vorstellst, aber das Unterholz war wesentlich lichter.
Nach ungefähr zehn Meilen trat der Regenwald urplötzlich zurück und wir befanden uns zwischen kahlen Hügeln, die bedrohlich schwarz und braun schimmerten, hier und da ragten verkohlte Baumstümpfe wie Bartstoppeln aus der aschebedeckten Boden. Das Bild wechselte sich bald, die Hänge waren grün bewachsen, beiderseits des Astaroth arbeiteten emsige Bauern barfuß in überfluteten Reisfeldern, die nackten Oberkörper von makelloser Bräune.
Dann endlich, die Hügel wurden noch sanfter und stiegen herab zu einer Senke, vom klarer gewordenen Astaroth durchflossen, in der sich das Dorf Maihehm an beiden Ufern des Flusses kauerte. Wir sahen zuerst die Lehm- und Bambushütten, die sich an beiden Ufern langzogen und den eigentlichen Kern Maihehms ringförmig umlagerten. Der Kapitän erklärte, daß Maihehm noch vor einem Jahr sehr viel kleiner gewesen wäre und der Mohamestize berichtete, daß in der letzten Zeit sehr viele Siedeler aus anderen südaventurischen Stadtstaaten hierher gekommen seien, um sich im freiheitlichen Maihehm anzusiedeln, das sich neuerdings Kronkolonie es Mittelreiches nannte, obwohl ich in der ganzen Zeit meines Aufenthaltes nur zwei Kaiserliche zu Gesicht bekam.
Maihehm war ein kleines Städtchen, aber nicht so, wie Du das denkst. Um den Marktplatz herum standen einige Steinhäuser, mehrere sogar zweistöckig. Allesamt aus dunklen, großen Steinquadern errichtet, trutzig wirkten sie und abweisend, wie kleine Festungen. In einem von ihnen, der "Herberge am Fluß", erfuhren wir, warum: Es herrscht hier ein allgemeiner Mangel an Baustoffen, weshalb die reichen Bürger darauf angewesen sind, den billigen und porösen Basalt einer nahen Vulkaninsel zum Hausbau zu verwenden. Abgesehen von diesen paar Steinhäusern gibt es hier nur Lehm- und Bambushütten, in denen wohl an die hundert Waldmenschen leben, die sich der Zivilisation des kultivierten Nordens angeschlossen haben und nun bemüht sind, diese zu übernehmen. Dennoch sah ich viele Kinder und Männer, auch Frauen, im warmen Astarothwasser sich baden und Kleidung waschen. Es sind eben noch Halbwilde, die sich auf den Gütern der Großgrundbesitzer als Tagelöhner verdingen.
Das schnelle Wachstum des Ortes ist auch, wie ich von unerem Wirt erfuhr, verantwortlich dafür, daß der Regenwald, wie wir es gesehen hatten, durch Brandrodung beseitigt wurde, um Feldern oder Plantagen Platz zu machen.
Ich sage Dir, dieses Maihehm ist nicht schlecht, dafür, daß es mitten im Urwald liegt. Die Einwanderer stammen mehr und mehr aus dem Mittelreich, Verbannte oder zwielichtige Gesellen, die der mittelreichischen Justiz entflohen, oder nur Abenteurer, zum Teil auch arme Bauern aus dem Weidenschen, die hoffen, hier Fuß fassen zu können. Verrückt, dafür so weit zu reisen, aber Bauern werden hier gerne gesehen. Ich hoffe, daß sich demnächst auch ein paar Geweihte hierher bequemen, um den Eingeborenen die Gebote der Zwölfe zu predigen und die Siedler nicht vergessen lassen, wem letztendlich sie gehören.
Wir brechen heute, nach drei Tagen in Maihehm wieder auf, ich schreibe Dir nur noch, wie ich es Dir versprochen habe, was ich hier erlebt habe. Du wolltest ja unbedingt alles über den fernen Süden wissen. Wann endlich begibst Du Dich selbst auf Reise?"

Brief von Badur Grassie, Navigator der 'Wogenstolz' aus Bethana an den Hesindegeweihten Rufor Laubsdank, Vinsalt, 2 v. S.G. (12 n.H.)


***
 

"An jenem abgelegenen Ort im Herzen des südländischen Regenwaldes, an dem sich der schlammige Fluß Astarôth, der ob seiner unregelmäßigen Wasserführungso unbedeutend scheint, daß ihn manche Lande nicht einmal Wertes erachten, ihn in ihren Karten und Folianten zu verzeichnen, zu einem tiefen und den Wettern recht widerständigenBecken erweitert, liegt das Städtchen Khefu.
Erbaut entlang den beiden Ufern des Flusses und auf einer von Menschenhand erschaffenen Insel, wie sie durch das Einziehen eines seichten,schlammigen Kanals und eines Befestigungsgrabens entstand, teilt sich Khefu grob in drei Bereiche:

 

In die reiche und befestigte Inselstadt, die das Domizil der Patrizier und Beamtenschaft des Reiches ist. Der Stadtteil ist von überraschender Sauberkeit und vielleicht der sauberste Fleck im ganzen Kemi-Reich. Die Wege und Plätze sind fast zur Gänze gepflastert oder mit Kies ausgestreut. Wer in der Inselstadt lebt oderarbeitet, gehört den obersten Schichten dieses Reiches an und hat oft beträchtlichen Einfluß. Die Insel selbst wird durch eine gut drei Schritt hohe, zweitorige Festungsmauergeteilt, die das Diplomaten- und Regierungsviertel vom östlichen Tsapageienpark abteilt.Die aufmerksamen Söldlinge an den Inseltoren lassen nur passieren, wer Haus oder Arbeitim Westteil hat.

 

Das eigentliche Khefu wird dagegen von der verwinkelten und schlammigen Oberstadt gebildet.Sie ist ein chaotisches Gewirr aus Holzhäusern und Hütten mit Schilfdach und Lehmstrich, in dem noch überall die verkohlten und zerstörten Hausruinen des Befreiungskrieges gegen das Al'Anfanische Reich zu sehen sind. Die Oberstadt ist schlammig und verändert sich ob der Verletzlichkeit von Holzhäusern und der relativ kurzen Zeit, solche allerorts und allzeit aufzubauen, fast ständig.
Die Oberstadtist das eigentliche Khefu, wie es aus dem alten Maihehm erwachsen ist. Heute ist Maihehmnur mehr ein Viertel der Oberstadt, dem man aber an seinen wenigen Herrenhäusern die Vergangenheit als Kern der Stadt noch ansieht. Auch eine kleine, echsische Gemeinde lebt dort.
Die Hauptattraktionen der Oberstadt sind zweifellos das überaus gepflegte Badehaus 'König-Kacha-Thermen', dessen kühler Marmor zugenüßlichem Zeitvertreib einlädt, sowie das Vergnügungshaus 'Yah', in dem man vonfleischlichen Genüssen über hervorragende Verköstigung bis hin zu Spielfreuden wirklichalles genießen kann. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß in diesem Etablissement,das in zahlreichen südaventurischen Städten 'Dependancen' unterhält, auch der höchste und allerhöchste Adel des Reiches bis hin zu Nisut, Oberkommandierender und Cancellarius,verkehrt. Auch einen Praios-Tempel findet man hier, einstmals wohl reich geschmückt und prächtig, doch mittlerweile schändlich ungepflegt und verfallen, da die Einheimischenwohl üblicherweise im Basalthaus dem Herrn Boron huldigen und das Haus des Sonnengottesfast nur noch von durchreisenden Nordländerinnen und Bosparanern besucht wird.

 

Drittens soll noch der Hafen Khefus (7) erwähnt werden, der auf sonderbare Weise gleichzeitigder Markt (7)- und das pulsierende Herz - der Stadt ist. Der Hafen ist ein unüberschaubares Chaos aus kleinen und kleinsten Holzstegen die ohne erkennbare Ordnung aneinandergebaut wurden. Einzig überblicken können dieses Gewirr die Hafenwärterinnen und -wärter - zumindest geben sie dies vor... In den lehmigen und ruhig fließenden Flutendes Astarôth sind hier aberdutzende von Booten festgetäut, vom kleinsten mohischen Nußschälchen bis zu kleinen Galeeren läßt sich hier alles sichten, doch hauptsächlich finden sich flache und archaisch anmutende Barken und Nachen. Der Hafen Khefus ist ein Binnenhafen. Zwar können hier größere Schiffe - bis höchstens dreißig Schritt Länge und unter 1,8 Schritt Tiefgang - bei gutem Wasserstand des Flusses festmachen, doch ist es fürdie Handelsleut' natürlich wesentlich teurer, bis ins Landesinnere weiterzufahren und die Waren nicht schon an der Küste zu verkaufen. Legt ein großes Schiff an, lassen die Hafenwärter gnadenlos die vielen winzigen Schiffchen beiseite räumen, bis Platz genug ist, während die unzähligen Händlerinnen und Händler an anderer Stelle unverdrossen ihreWaren wieder auspacken, auf flachgängige Kähne laden und verkaufen. Der Hafen ist zweifellosder bunteste und lebendigste Teil Khefus.

 

Letztens will ich von der bäuerlichen Unterstadt berichten, die man auch als Elendsviertel Khefus bezeichnen kann. Die Unterstadt ist am Südufer des Astarôth einfach gewachsen, ohnedaß jemand dies befohlen oder verboten hätte. Sie ist Heimat der Bauern, Tagelöhnerinnen,gestrandeten Abenteurer, Bettlerinnen und Armen.
Khefus Unterstadt entspricht aber keinesfalls dem typischen Bild, das man sich im Norden gemeinhin von einem 'Armenviertel'macht. Die Unterstadt ist nicht eng und stickig, nicht verwinkelt und verdreckt. Die Armen hatten Platz und nutzten diesen weidlich, um sich aus dem Weg zu gehen.Zwischen den Hütten haben die Bauersleut' ohne Plan ihre Felder eingezogen, so daß dieUnterstadt durchaus ein exotisches Flair aufweist, das Armut und Jämmerlichkeit vergessen läßt. Luftige Holzgestelle, auf denen neugeflochtene Bastmatten aushängen, werden auch von bunten Tsapageien als Ruheplatz gewählt; neben dem alten Söldnerveteran mit dem Holzbein, der gedankenverloren seinen schartigen Säbel schleift, treibt ein schmutzigesMohamädchen eine Handvoll Selemferkel vorbei; eine bunte Hühnerschar pickt auf dem Weg herum, während eine Horde buntbemalter Mohakinder lachend Fangen spielt, und über all dem liegt fern das tiefe und traurige Lied einer alten Kräuterhexe. Natürlich ist die Unterstadt wegen ihrer Nähe zum Wald auch gefährlich und Unterschlupf für verschiedenste Renegaten, Piraten und Halsbschneiderinnen, die die leichten Fluchtwegedurchaus zu schätzen wissen.
Man hat zweimal versucht, eine Palisade um die Unterstadtzu ziehen, aber die Armen rissen sie nieder und erweiterten mit dem Holz ihre Hütten und Unterstände. Der Anteil an Waldmenschen ist sehr hoch und man sagt, daß es kein Gift oder Gegenmittel gibt, das die alten Kräuterweiblein der Unterstadt nicht mischen könnten.

 

Der geneigte Leser mag nun sagen: 'Gut, eine südländische Stadt!' Aber, bei allen Göttern, solch ein Ausspruch trifft die Wahrheit nicht. Khefu ist eine Dschungelstadt! Allgegenwärtig ist das Getier. Große sonderbare Vögel auf langen Stelzenbeinen staksen in den flachen Stellen des lehmigen Flusses umher, während die tiefen Stellen Brutstätte für ein unendliches Heer von Moskitos und Stechgetier sind. Wehe dem, der sich nicht hinter Fliegentüchern schützen kann, dem das Moskitowässerchen ausgeht, oder der nicht stinkt! Ich habe schon Affenhorden gesehen, die auf den Palisaden der Oberstadt herumgeturnt sind und wie winzige Ameisen ein ganzes Haus aus ihr weggetragen haben! Wenn man seine Füße von einem Kahn in den Fluß hängen läßt, muß man fürchten, von einem Alligator ganz hineingezogen zu werden. Wenn die Nachmittagsregen einsetzen, verwandelt sich Khefu bis auf die Inselstadt in ein einziges Schlammloch! Man leidet unter der beständigen, dampfenden Hitze, die einen von innen austrocknet und von außen ersäuft, und über all dem liegt monoton das Gekrächze und Gezirpe, wie es vom umgebendenRegenwald hertönt.

 

Khefu ist, so schön seine Inselstadt auch sein mag, so malerisch sein schwimmender Markt auch anzusehen ist und so sehr sich die Kemis auch überschlagen die Schönheit ihres'Smaragds' zu loben, für jede Nordländerin, jeden Tulamiden und all diejenen, die nicht im Süden geboren wurden, schlicht und ergreifend die niedere Hölle.

Aus den Erinnerungen des Schiffszimmermannes Herschdan Fuxfell aus Havena (20 S.G.)


Stadtplan

Das Crongericht (1)

Das prunkvolle Gerichtsgebäude wurde zur Zeit der brabakischen Besetzung Kemis vor etwa neunzig Jahren errichtet und hat seitdem immer der gleichen Bestimmung gedient. Für ausländische Besucherinnen und Besucher wirkt das Gebäude etwas befremdlich, mischen sich doch vom tulamidischenüber den bosparanisch/eslamidischen bis zum traditionellen Kemi-Stil anscheinend völlig unzuvereinbarende architektonische Besonderheiten. Hier werden nicht nur die alltäglichen Diebereien und Gewaltdelikte abgeurteilt, ein Teil des Gebäudes ist auch der höchsten Gerichtsbarkeit gewidmet, und schon manch kem'scher Adeliger hat sich hier vor dem Cronjustitiar der Nisut verantworten müssen. Traurige Berühmtheit hat sich der Südflügel des Bauwerks während der Zeit der al'anfanischen Besatzung als Ort der berüchtigten 'Bluttribunale' erworben, bei denen zahlreiche unschuldige Kemi durch willkürliche Anklagen der Sklaverei oder dem Tod überantwortet wurden. Nach der Befreiung Khefus fanden am gleichen Ort die Prozesse gegen siebzehn gefangene al'anfanische Offiziere statt, die samt und sonders mit der Todesstrafe endeten.

 

Das Haus der Handelsgilde und das Zentralratsgebäude (2)

Die kem'sche Handelsgilde ist die einflußreichste Zunft im ganzen Reich, manche behaupten gar, ihr Einfluß überträfe den des ganzen Adels. In der Tat sind die Verbindungen der vom Sah (Edlen) Ni Maihehm, Wohlgeboren Komires del Diabolos, angeführten Versammlung weitreichend und undurchschaubar. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die in der Gilde abgewickelten Geschäfte oftmals auch den Rahmen der Legalität sprengen. So werden nicht nur Schmuggelgeschäfte in die Wege geleitet, sondern auch in großem Umfang eigentlich verbotene Transaktionen mit Al'Anfa und seinen Verbündeten abgewickelt.
Der Nordflügel des schlichten, weiß gekalkten Gebäudes ist dem Zentralrat vorbehalten, dem Gremium, in dem alle Kemi, die im Besitz der Bürgerrechte sind, ihren Einfluß auf die Politikdes Reiches ausüben. Daß dieser Einfluß im Sinne des kem'schen Cancellarius wahrgenommen wird,lassen sich die jeweiligen Zentralratsvorsitzenden traditionell mit einer beträchtlichen Summe vergelten. Auch für die Konvente des niederen und hohen Adels wird das Gebäude genutzt.

 

Der König-Kacha-Platz (3)

Der stets gepflegte, mit weißem Kies bestreute Platz dient einmal im Götterlauf für eineprächtige Parade der Schwarzen Armee, die sich zu diesem Anlaß vor den Augen der Nisut und des Adels von ihrer besten Seite zeigt. Auch regelmäßige Waffenschauen und Schaugefechte der Eliteeinheiten werden hier vorgeführt.
Am Tag des Großen Schlafs pflegt die Hohepriesterin auf diesem Platz einen großen öffentlichen Boronsdienst abzuhalten, zu dem auch ausgewählte Gäste aus den anderen Stadtteilen eingelassen werden. Die Ladungen zu diesem Fest sind sehr begehrt und werden von der Hl.Kurie der Alleinseligmachenden Boron-Staatskirche sorgfältig abgewogen. Nur wer sich in irgendeiner Form der Kirche wohlgefällig verhalten hat, darf mit einer Einladung rechnen.
Früher - zu garether und al'anfanischen Zeiten - wurden auf dem König-Kacha-Platz auch die zum Tode Verurteilten hingerichtet, doch wurden diese Spektakel beim Amtsantritt Nisut Peris III. in die Oberstadt oder in die Áchesa-Arena verlegt. Heutzutage ist der Platz der einzige Ort im Kemi-Reich, an dem Duelle zwischen Adeligen gestattet sind.
Das zentral auf dem Platz aufgestellte Boronsrad aus schwarzem Basalt erinnert an die in den Schlachten zur Befreiung des Reiches gefallenen Kemi.

 

Die Nisutliche Cantzeley (4)

Das gewaltige, dreiteilige Gebäude läßt von außen durch seine tulamidische Schlichtheit nicht ahnen, daß hier das pulsierende Herz des Reiches schlägt. Die etwa 200 Beamtinnen und Beamten erledigen hier die gesamte Verwaltungsarbeit des Reiches. Unterteilt in die Administrationen für Inneres, Äußeres, Finanzen und Kriegswesen wird hier geregelt und genormt, archiviert und gesiegelt, kurz, das System geschaffen, das Fremden als die bekannte und gefürchtete kem'sche Bürokratie bekannt ist. Die schon aus urkem'schen Zeiten bekannte Regelungswut hat sich bis heute erhalten, und einer kem'schen Administratorin oder einem kem'schen Secretarius ist selbst von Personen von Stand und Adel ohne die richtigen Papiere nicht beizukommen. Bekannteter Kanzler des Reiches iwar Seine Excellenz Dio Cardassion de Cavazo, der seine Politik meist rücksichtslos mit den durch das Kanzleramt gegebenen Machtbefugnissen durchsetzte. Auch das nisutliche Mitteilungsblatt, die bekannte 'Rabenschwinge', hat ihre Redaktionsräume im Kanzleigebäude.

 

Der Tsapageienpark (5)

Der Tsapageienpark im Herzen Khefus ist ein unkultiviertes Stück Dschungel inmitten der Stadt. Obschon Khefu von Wald umgeben ist, schätzen doch viele Kemi und - vor allem - Fremdlinge dieses Stück 'echten' Dschungels aufgrund seiner relativen Sicherheit. Am beliebtesten ist ein gut zehn Schritt hoher Findling, 'Pâestumais Auge' genannt, der oft von Wagemutigen ob der lohnenden Aussicht über die Stadt und den Fluß erklettert wird. Doch sobald die Nacht über Khefu hereinbricht, verlassen die Einheimischen eilig das Gelände, denn es geht die Mär, daß des Nachts im Tsapageienpark die Geister der gefallenen al'anfanischen Söldlinge herumspuken, die bei der Befreiung von Khefu hier zusammengetrieben und in einer letzten blutigen und erbarmungslosen Schlacht samt und sonders niedergemacht wurden. Und in der Tat verdient sich manch Kemi gutes Geld durch den Verkauf von Schädeln, alten Waffen, Amuletten und Uniformfetzen, die mit wenig Mühe allerorten im Park noch zu finden sind.

 

Das Heilige Konzil (6)

Neben der auf dem Heiligen Eiland Laguana residierenden Kurie der Hl. Boron-Staatskirche ist das Heilige Konzil das zweitwichtigste religiöse Gremium im Reich der Nisut Ela XV. Gelegen auf einer Insel im Astarôth, vertritt hier Rabenabt Boromil Mezkarai bedacht die Interessen der Staatskirche. Denn obwohl alle zugelassene Kulte ihre Vertreterinnen oder Vertreter im Konzil haben, sorgt ein komplizierter Schlüssel der Sitz- und Stimmverteilung dafür, daß der Kult des Heiligen Raben die absolute Mehrheit innehat. Dennoch nimmt der Abt Rücksicht auf die ständig widersprechenden Vertreter des Rastullah-Kultes oder die bisweilen exzentrische Ansichten vertretende Rur-und-Gror-Geweihtenschaft. Auch die Kulte der Mohischen und der Achaz haben ihre Fürsprecher im Konzil, was immer wieder für tumultartige Auseinandersetzungen sorgt. Es ist ein offenes Geheimnis, daß Hochwürden Mezkarai Mühe hat, dem Flügel der Kirche Mäßigung aufzuerlegen, der allein den Boronkult als statthaft zulassen will, doch ist der Abt viel zu klug, diese internen Streitigkeiten offen anzuprangern. Denn so sehr hinter der schmucken Fassade des ehemaligen Flußpalasts der Nisut Rhonda III. auch gestritten, gebrüllt und beschimpft wird - nach außen dringend nur die sorgfältig abgewogenen Worte des Conseilarius...

 

Das Basalthaus und der Boronanger (8)

Der Borontempel hat seinen Namen durch den pechschwarzen Basalt, aus dem der oberirdische Teil des schlichten Gebäudes errichtet wurde. Hausherr ist der kem'sche Großinquisitor Boronîan Varzim Pâestumai, ein streng orthodoxer Ritter und Geweihter des Boronsorden des Hl. Laguan. Auch der größere, unterirdisch gelegene Teil des Tempels ist in der beeindruckender Schönheit und Schlichtheit gehalten, die ein Grundsatz des kem'schen Boronritus ist. Beeindruckend ist auch die gut zwei Schritt hohe Rabenstatue im Betsaal, die durch geschickt angebrachte Lichteinlässe täglich bei Sonnenuntergang vom roten Schein der tropischen Sonne beschienen wird.
Die Gewölbe wurden während der al'anfanischen Zeit als Hort der Ketzerei und Blasphemie geschändet und verwüstet, doch bekam diese unsägliche Tat dem hierfür verantwortlichen Offizier der al'anfanischen Rabengarde nicht gut: Es wird erzählt, daß Hauptmann Horraq in der darauffolgenden nebeligen Tropennacht von der Tempelbrücke gestürzt und im Astarôth von Alligatoren zerfleischt worden sei. Auch habe man am folgenden Tag alle angerichteten Schäden auf wundersame Weise beseitigt gefunden, und alle gläubigen Kemi sehen hierin das Wirken des Herrn und nicht die nach dem scheußlichen Tod ihres Hauptmanns angstvollen Hände der al'anfanischen Soldaten.

 

Der Kerkerturm (9)

Mitten in den schlammigen Fluten des Astarôth steht das Hauptgefängnis der Stadt Khefu. Im Kerkerturm werden die schlimmsten Verbrecher, Mörderinnen, Vergewaltiger, Saboteure und Spioninnen eingeschlossen. Glück hat, wer relativ hoch 'untergebracht' wird, denn wenn der Astarôth Hochwasser führt, kann es vorkommen, daß der unterste Zellentrakt komplett überflutet wird. Kein Wächter, keine Gardistin hat je den Finger gekrümmt, um die Delinquentenvor dem jämmerlichen Ersaufen zu retten. Aber auch so ist das Überleben in dem dick ummauerten, ehemaligen Garnisonsturm schwer genug. Die unzureichende Belüftung, die Feuchtigkeit und die Hitze tun ihren Teil, und kaum ein Inhaftierter, der nach einer Woche nicht krank wäre. Alle zehn Tage bringen die Wächterinnen einen Kessel mit undefinierbarem Brei zum Turm, während der Durst der Gefangenen mit Regenwasser gestillt wird. Noch ist niemand aus diesem Gefängnis entkommen, obschon die Gitterstäbe der Fenster nicht den stabilsten Eindruck machen. Aber der Astarôth ist ein tödlicher Fluß, und oft machen sich die Söldlinge der nahegelegenen Garnison einen Spaß daraus, Alligatoren und Blutfische mit frischen Fleischbrocken anzulocken. Der wohl prominenteste Gefangene ist der ehemalige Akîb Kodeg Nob Ni Sarslund, der wegen eines versuchten Attentats auf Cancellarius de Cavazo zu lebenslanger Turmhaft verurteilt wurde. Immerhin seit dem Jahre 19 lebt der ehemalige Adelige schon im Turm - länger hielt noch niemand durch.

 

Die Chanya-Al'Plâne-Garnison (10)


Die Garnison der Schwarzen Armee ist das eigentliche, nordländische Khefu, denn dieses alte Fort wurde als erstes errichtet, als die kaiserlichen Kolonialtruppen ihre Banner in dieser Region aufpflanzten. Direkt gegenüber dem kleinen "Eingeborenendorf" Maihehm - heute ein Stadtteil der khefuer Oberstadt - meinte man, einen idealen Standort gefunden zu haben. Nach und nach wurden die Holzpalisaden durch dicke Steinmauern ersetzt und mit der Zeit erweitert, umgebaut oder wieder eingerissen. Heute dient die Garnison nicht nur den Stadtbütteln als Hauptquartier, auch sind hier oftmals Einheiten der Schwarzen Armee oder des Laguana-Ordens einquartiert.
Legendär ist die Erstürmung der Garnison bei der Befreiung Khefus vom Al'Anfanischen Joch. Hier gelang es den von Wut und Zorn einfach nach vorn getriebenen Kemi unter der Führung ihrer Oberkommandierenden Chanya 'Al'Mout'pekeret' Al'Plâne selbselbsten, die Tore in einem Direktangriff aufzubrechen und unter minimalsten Verlusten fast einhundert verschanzte, siegessichere Korsöldner zu massakrieren. Noch heute weiß man nicht, wie es zu dieser Attacke kam.
'Der Angriff wurde nicht befohlen, nicht organisiert und nicht geplant. Sie sind einfach losgestürmt, direkt auf die Tore zu. Es ging nicht anders - ich mußte mitstürmen. Es gab keine Offizierinnen mehr, keine Befehle, keine Taktik. Da waren nur noch diese eisige Wut und dieser unstillbare Blutdurst.'
(Chanya Al'Mout'pekeret)

 

Die Inselbrücke (11)

Die Inselbrücke ist eine Errungenschaft, auf die die Kemi zurecht stolz sind. Die lange,gänzlich aus Holz gefertigte Brücke ist der einzige Weg, der die Oberstadt mit der Unterstadt verbindet. Sie wurde vor zwanzig Jahren fertiggestellt, im Krieg zerstört und danach wieder aufgebaut. Im südlichen Teil der Brücke existiert eine Klappvorrichtung, so daß beim Nahen von größeren Schiffen die Brücke teilweise zur Durchfahrt geöffnet werden kann. Der komplizierte Mechanismus ist jedoch recht störanfällig, so daß sich permanent ein von der Krone bezahlter Mechanicus samt drei Gehilfinnen um die Instandhaltung der Seil- und Flaschenzüge kümmern muß.
Auf der kleinen Insel, die der Brücke eine mittständige Stütze ist, liegt das Gildenhaus der kem'schen Alchimistinnen und Alchimisten. Die Alchimie ist im Kemi-Reich eine höchst angesehene Wissenschaft, doch sind hierzulande die Praktizierenden dieser Kunst mehr als anderswo auf Isolation und Geheimhaltung bedacht, und so werden Unbefugte gar nicht gerne auf der Nebelinsel gesehen.

 

Die Stadtresidenz der Nisut(12)

Sollte sich die Nisut der Kemi in der Stadt aufhalten - was außer bei offiziellen Anlässen eher selten der Fall ist - dann steht ihr der alte Palast der kaiserlichen Gouverneure als Wohnstatt zur Verfügung. Das von einem prächtigen Garten mit exotischen Blüten und Fruchtbäumen umgebene Gebäude beeindruckt durch seine kunstvoll-verspielte Bauweise. Ein zwergischer Baumeister aus Isenhag hat die Residenz vor 25 Jahren renoviert und die Außenmauern teilweise ersetzt, so daß sich der helle südliche Sandstein nun kontrastreich vom quarzhaltigen, funkelnden nördlichen Granit abhebt.
Da die Nisut selbst eine Angehörige der kem'schen Geweihtenschaft ist und als solche auf Prunk und Luxus keinen Wert legt, stehen zahlreiche Zimmer in dem großen Gebäude leer, auch wäre ein Gast von Stande über die im Vergleich zum prunkvollen Äußeren des Palastes schockierend kärgliche Einrichtung wohl höchst erstaunt.

 

Die Hafenmeisterei (13)

Das robuste Holzhaus mit den dicken Türen ist regelmäßigen Besucherinnen und Besuchern der kem'schen Hauptstadt wohl so verhaßt wie kein anderes Gebäude der Stadt. Hierin offenbart sich den Fremden am auffälligsten, was es mit der kem'schen Bürokratie auf sich hat. Mit stoischer Ruhe sieht sich die Hafenmeisterin genau alle Papiere der Ein- und Ausreisenden an, und wenn es einen Beanstandungsgrund gibt, so findet man sich schnell wieder am Ende der unerträglich langen Warteschlange.
Bestechungsversuche haben nur selten Erfolg, denn die Hafenmeisterin verdient gutes Gold, zudem scheint sie an der möglichst pedantischen Bearbeitung der zahlreichen benötigten Pergamente und Formulare eine Riesenfreude zu haben. Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, daß einige der Gehilfen Zuträger der Inquisition sind, die sich natürlich die Möglichkeit nicht entgehen läßt, Ein- und Ausreisende auf Herz und Nieren zu prüfen.

 

Das Siechenhaus und der Peraine-Tempel (14)

Das sinkende Bosparaner Schiff.

Das für einen Perainetempel ungewöhnlich große Haus, ein ehemaliger Getreidespeicher, wird erst seit dem Ausbruchder Dämonenpest auch für Gottesdienste genutzt. Als nach der Versenkung eines kaiserlichen Schiffs in der Bucht von Khefu durch eine dämonische Wesenheit in der Stadt die Pest ausbrach, da wurde den die Erkrankten aufopferungsvoll pflegenden Geweihten der alte Tempel schnell zu klein, und man zog in den Getreidespeicher um. Dort mußte die Geweihtenschaftunter Mutter Petrja hilflos zusehen, wie fast zwei Drittel der Bevölkerung von der unheiligen Seuche dahingerafft wurden. Durch die Betreuung der Sterbenden und Kranken fanden die Geweihten keine Zeit mehr für regelmäßige Göttinnendienste im alten Tempel, so daß im Siechenhaus rasch ein Peraineschrein errichtet und geweiht wurde, um dem verzweifelten Verlangen der Stadtbevölkerung nach religiösem Trost nachzugeben. Inzwischen ist die Pest Vergangenheit, und wenn auch ihr Erbe der Tod zahlloser Kemi war, so hat sie doch bewirkt, daß Khefu nun ein großes Siechenhaus hat, in dem alle Sterbenden oder Erkrankten ohne Ansehen von Stand und Vermögen auf Heilung oder Erlösung hoffen können. Der Peraineschrein ist mittlerweile einem großen Betsaal gewichen, der mit den Geldern der Krone und der Boronskirche angemessen eingerichtet werden konnte. Die Bevölkerung, die nichtvergessen hat, was die Geweihtenschaft der Göttin für sie in Zeiten der Not getan hat, hat diese Güte nie vergessen, so daß sich der Tempel auch heute noch großem Zulauf und reichlicher Gaben erfreut.

 

Die Residenz des Akîbs von Frencaal und des Stadtmeisters (15)

Die Residenz des Akîbs von Frencaal ist im gleichen Gebäude untergebracht wie die Amtsräume des Stadtmeisters. Brodegar, genannt 'der Baum', ein knorriger beständiger Bornländer, lag oftmals im Zwist mit den ehemaligen Akîbs, wagten einige es doch tatsächlich, immer wieder in die Geschäfte der Stadt hineinzuregieren. Zu allem Ärger Brodegars verfügt der Akîb in Streitfällen ob seines höheren Ranges letztlich das letzte Wort, doch der gerissene Bornländer kennt durch seine lange Südmeererfahrung einige Tricks und Kniffe, insgeheim doch seinen Willen durchzusetzen.
Die Residenz ist ein großes, dreistöckiges Haus im tulamidischenStil, das inzwischen so umgebaut wurde, daß beide Amtsträger ein- und ausgehen können, ohne sich über den Weg zu laufen.

 

Das König-Kacha-Denkmal (16)

Das gut vier Schritt hohe Denkmal aus pechschwarzem Basalt zeigt den mythischen Gründer des Kemi-Reiches, den ersten König, Borons Sohn Kacha, wie er mit erhobenem Schwert und firunwärts deutender Hand in die Schlacht stürmt. Die Statue ist ein Geschenk der Heiligen Boron-Staatskirche zum zehnjährigen Thronjubiläum Nisut Peris III. Kurz danach überfielen die Al'Anfaner das Kemi-Reich und besetzten Khefu. Die Statue wurde umgehend enthauptet, mit einem dem Patriarchen nachempfunden Kopf versehen und so gewendet, daß das Standbild nun gen Westen deutete. Diese Tat, die für alle frommen Kemi eine schlimme Boronslästerung darstellte, führte zum ersten größeren Aufstand in der Stadt, der von den Besatzern blutig niedergeschlagen wurde. Zehn Kemi wurden auf dem König-Kacha-Platz gevierteilt, ihre Namen sind als die von Märtyrern heute im Sockel des Standbilds eingemeißelt. Nach der Vertreibung der Al'Anfaner wurde die Statue wieder gewendet, der ursprüngliche Kopf an seinen Platz gebracht und Tar Honaks Büste am Hafen zur Verspottung ausgestellt. Der al'anfanische Richter aber, der die Aufständischen zum Tode verurteilt hatte, wurde am ausgestreckten Schwertarm König Kachas aufgehängt und blieb als grausige Mahnung bis zum Zerfall des Körpers dort hängen.

 

Der Weg zur Áchesa-Arena (17)

Die Áchesa-Arena liegt etwa drei Meilen außerhalb der Stadtgrenze auf einem gerodeten Flecken Regenwald. Mit der Zeit wurden um das Areal hohe Holztribünen aufgebaut, die heute etwa 400 Menschen zu fassen vermögen. Hauptverwendungszweck der Arena ist das Immanspiel, ein Relikt aus kaiserlichen Kolonialzeiten, das bei den Kemi großen Anklang gefunden hat. Aber Imman in Kemi ist nicht nur Imman, so wurde während der Besatzungszeit die gesamte Auswahl von Áchesa Khefu in die Sklaverei verkauft, da die Kemi es nicht lassen mochten, harmlose Imman-Spiele zu nationalen Demonstrationen umzufunktionieren. Die Besatzer sahen in den Imman-Spielerinnen und -Spielern - mit Recht - die Hauptaufwiegler, so daß diese traditionsreiche Auswahl aufgehört hatte zu bestehen. Inzwischen hat sich die Auswahl neu formiert und ganz Khefu erfreut sich an den - zugegeben seltenen - Siegen ihrer 'Phantome'.
Neben Imman-Spielen finden in der Arena auch die Exekutionen der zum Tode Verurteilten statt. Die mit archaischer Grausamkeit durchgeführten blutigen Spektakel erfreuen sich meist regem Interesse, so daß die Stadtgarde schon häufiger von regulären Truppenverstärkt werden mußte, um die Schaulustigen vom Erstürmen der Arena abzuhalten. Wie in zahlreichen anderen Landstrichen gilt es auch in Kemi als glücksbringend, irgendwelche Körperteile eines exekutierten Verbrechers an sich zu bringen. Grausamer Höhepunkt dieser Schauspiele war die vor zehn Jahren vorgenommene Pfählung von siebzehn verurteilten Kriegsverbrechern aus Al'anfa, darunter auch der General der al'anfanischen Besatzungstruppen in Kemi.

 

Die Gesandtschaft des Bosparanischen Kaiserinnenreichs (18)

Seine Excellenz Dio C. de Cavazo begrüßt Seine Excellenz
Adilron ay Oikaldiki (links) an Bord der kaiserlichen Schivone
'Wogenwind'

Seine Exzellenz Adilron ay Oikaldiki trat sein Amt als horaskaiserlicher ständiger Gesandter in Kemi im Jahre 1008 B.F. an. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen übte er sein Amt nicht widerwillig aus, denn obwohl ein Sproß aus einer reichen und angesehenen horasischen Familie, sind die Südlande doch die größte Passion des vielseitigen Gelehrten und Politikers. So war der vornehme, stets gut gekleidete und freundliche Gesandte ein gern gesehener Gast am nisutlichen Hofe, insbesondere seine Freundschaft zum kem'schen Cancellarius de Cavazo, der der liebfeldischen Politik und Lebensart sehr zugewandt war, erleichtert ihm seine schwierige Arbeit doch sehr. Der gutaussehende, schlanke Adelige war jedoch nicht nur für seine zahllosen Affären - die kem'sche Herzogin Chanya Al'Mout'pekeret wüßte wohl einiges über die diesbezüglichen Fähigkeiten Seiner Excellenz zu berichten - und ausschließlich siegreichen Degen-Duelle bekannt, sondern auch für die entschiedene Ablehnung der mittelreich'schen Südmeerpolitik. Der Botschafter residierte in einer prächtigen Villa aus weißem Marmor, die vor einigen Jahren noch dem al'anfanischen Gouverneur des besetzten Kemi-Reichs als Privatdomizil diente. Gerne erschreckte Wohlgeboren ay Oikaldiki Gäste, indem er ihnen im Keller der Residenz die großen Blutflecken der von den tobenden Kemi erschlagenen Familie des später exekutierten Gouverneurs zeigt. Die Abbberufung des Kemi-Freundes an den Hof von Vinsalt und die Entsendung des arroganten Cavalieros Gandiano ya Guiglielmo wurde von den Kemi sehr bedauert.

 

Die Gesandtschaft des Königreichs Brabak (19)

Masakos Theopraktas, brabaker Gesandter, Edler von H'Rabaal, ist das genaue Gegenteil des stattlichen bosparaner Botschafters: fett, schwitzend, klein und unerträglich arrogant läßt er ständig seine mit hoher Fistelstimme vorgetragenen Nörgeleien ertönen. Es gibt nichts,was den Gesandten nicht stört: die hohen Zölle in Sylla, die karge Verköstigung oder das schwere Los, das er als nicht erbberechtigter Sohn seiner Familie zu ertragen hat. Aber hinter dieser Maske verbirgt sich eine tatkräftige, geschickte Persönlichkeit, die für sein Königreich nicht nur das im Krieg verlorene H'Rabaal zurückgewonnen, sondern auch zahlreiche profitable Handelsbeziehungen in die Wege geleitet hat. Die Hauptbeschäftigung des Edlen sind ausschweifende Gelage, bei denen er sich meist von seinem Lustknaben Harekles verwöhnen läßt. Der ehemalige Offizier und persönliche Freund König Mizirions III. ist Achaz und Mohischen gegenüber sehr reserviert und verfolgt Al'Anfaner mit unversöhnlichem Haß. Seine Residenz ist ein altes Herrenhaus aus der garether Kolonialzeit, das der prunkliebende Botschafter prächtig renovieren und ausstatten ließ.

 

Die Gesandtschaft der Freistadt Sylla (20)


Wenn sich Klein-Alrik eine typische Piratin vorstellt, dann dürfte dieses Bild fast exakt auf die Gesandte der Freistadt Sylla zugetroff haben: Die ehemalige Korsarin Mahara saba Djahadd wirkte mit ihren langen roten Haaren, der Augenklappe und der bunten Kleidung wie einem bosparaner Theaterstück entsprungen. Seit sie in einem Seegefecht gegen Freibeuter aus Charypso das linke Auge und die linke Hand verloren hatte, war die vernarbte aber dennoch attraktive Frau nicht mehr für die Kampfeinsätze der heimischen Flotte geeignet und bat deshalb um den Posten als Gesandte im verbündeten Kemi-Reich. Oft befiel sie eine gewisse Schwermut und die Sehnsucht nach den unendlichen Weiten des Ozeans, doch nach dem vierten Krug Premer Feuer brach wieder ihre ansteckende Fröhlichkeit und Lebenslust durch. Ihre offene und direkte Art, die sie den Anlässen entsprechend aber auch mit tadellosen Manieren verbinden kann, machte sie am kem'schen Hof zu einer gern gesehenen und beliebten Persönlichkeit, auch wenn Seine Excellenz, der sehr auf Stil und Anstand bedachte Cancellarius de Cavazo, Anreden wie 'alter Kumpel', 'Ziegenbart' oder 'Dioleinchen' sehr gezwungen und säuerlich lächelnd zur Kenntnis zu nehmen pflegte. Nach dem Fall Syllas an die Al'Anfaner schloß die Gesandte die Botschaft und ist seither mit einer Rotte Korsarinnen unterwegs, um die verhassten Feinde zu bekämpfen. Die syllanische Botschaft war - die Gesandte hatte das Gebäude selbst ausgewählt - das alte garether Flottenhauptquartier Südmeer, das nach dem Ende der Kolonialzeit als Seefahrtsmuseum Verwendung fand. Spöttische Stimmen behaupten, daß sich bis heute an der Einrichtung wenig geändert hätte.

 

Die Gesandtschaft des Patriarchats Chorhop (21)

Im ehemaligen al'anfanischen Boron-Tempel zu Khefu residiert der Gesandte des Vogtvikars von Chorhop, Seine Excellenz Isaham Al'Jalalahar. Der Botschafter hat ein auffälliges Desinteresse an seinen politischen Pflichten, so daß ihm mit Fug und Recht eine gehörige Mitschuld an den sich zunehmend verschlechternden Beziehungen zwischen dem Kemi-Reich und Chorhop zuzuweisen ist. Isaham Al'Jalalahar wurde vor acht Jahren ins Kemi-Reich 'strafversetzt', da er als Haushofmeister am Hofe des Vogtvikars zuviel Gold in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Der dickliche Hüne gerät oft wegen seiner Äußerungen über Mohische ('Sklavenrasse') und Achaz ('Tiere') in Streit mit anderen Höflingen, was er stets für eloquente Verteidigungsreden über die Sklaverei an sich zu nutzen versteht. Er haßt die syllanische Gesandte mit Inbrunst und nur seine beständigen Bemühungen, sich durch die Involvierung in Schmuggelgeschäfte weiter zu bereichern, haben ihn bislang vom Intrigieren gegen die Gesandte abgehalten. Seine Excellenz pflegt bei den geringsten Beleidigungen mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu drohen, weicht selbst jedoch jeder Satisfaktion aus. Gerüchte, wonach der kahlköpfige Vollbartträger dem Kult des Namenlosen mit Sympathie begegnet, sind jedoch nur Marktschreiergeschwätz, denn der fromme Rastullah-Anhänger ist täglich im Bethaus des Wüstengottes anzutreffen.

 

Die Gesandtschaft des Fürstentums Aranien (22)

Bei der Auswahl der aranischen Gesandten im Kemi-Reich ließ Fürstin Sybia ein beachtliches Maß an Geschicklichkeit erkennen: Excellenz Ylez Al'Plâne ist eine leibliche Schwester der kem'schen Vizekönigin und Oberkommandierenden Chanya Al'Mout'pekeret. Excellenz Al'Plâne hat sowohl der aranischen Fürstin als auch der kem'schen Nisut Treue geschworen, jedoch hat sie nie einen Zweifel daran gelassen, daß sie die aranischen Interessen sehr wohl zu vertreten weiß. Die schwarzhaarige Frau ist für ihr überbordendes Talent berüchtigt, und bei hitzigen Debatten kann es wohl vorkommen, daß sie die Beherrschung verliert und ihren Kontrahenten auch tätlich angreift. So kam es vor zwei Jahren zu einem Eklat mit dem chorhoper Gesandten, der wutentbranntgar mit einem Krieg gegen Aranien drohte, als Excellenz Al'Plâne ihn im Verlauf einer lebhaften Diskussion mit einer überreifen Papaya beworfen hatte. Ylez Al'Plâne unterhielt eine heftige Affäre mit Excellenz Adilron ay Oikaldiki, und der alltägliche Hoftratsch vermutete lange Zeit bei beiden in Liebesdingen eher unsteten Charakteren gar ernstere Hintergedanken. Die aranische Residenz ist dieehemalige Kaserne der al'anfanischen Dukatengarde, die von hier aus ihre blutigen Überfälle auf unschuldige Bürger und Bürgerinnen der Stadt ausführte.

 

Die Königlich-Mirhamer Gilde für Seefahrtstradition und Leuchtturmpflege in der Südmeerregion (23)

Hinter dieser seltsamen Bezeichnung steckt nichts weiter als die inoffizielle Gesandtschaft des Al'Anfanischen Imperiums. Offiziell sind Kontakte oder gar Gespräche mit dem Erzfeind immer noch verpönt, ja, gar verboten, aber die Regierung des Königinnenreichs hat erkannt, daß ein neuerlicher Konflikt nur durch regelmäßige Gespräche zu vermeiden ist. So wurde in langwierigen zähen Geheimverhandlungen zwischen dem kem'schen Cancellarius und dem al'anfanischen Großexecutor Irschan Perval der Aufbau eines solchen Gildenhauses vereinbart, während der kem'sche Gesandte in Al'Anfa sich als Kneipenwirt ausgibt. 'Gildenmeister' Torak R'Hovenn kann sich also über mangelnden Besuch von verdächtig unverdächtigen Seefahrtsveteranen in seiner schmucken Villa nicht beklagen. Der Gesandte ist ein unerwünschtes Grandenkind aus der Sippe der Florios, das die Auswahl zwischen ewiger Verbannung auf den Waldinseln oder dem Posten des 'Gildenmeisters'hatte. Der athletische Al'Anfaner träumt davon, durch einen spektakulären politischen Erfolg seine Rückkehr zu erzwingen, er weiß nur noch nicht, wie denn dieser Erfolg aussehen soll. Und so versucht der 'Gildenmeister' - ständig mißtrauisch von der Inquisition beäugt - Ansatzpunkte für seinen Plan zu finden: Immerhin gelang es ihm, die andauernden Feindseligkeiten auf der kem'schen Waldinsel Aeltikan durch Verhandlungen in einen brüchigen Waffenstillstand zu verwandeln. Die Zeit vertreibt sich der Botschafter mit Streifzügen durch die Betten verheirateter einsamer Damen der städtischen Oberschicht, wobei ihm sein beachtlicher Charme immer noch einigen Erfolg beschert.

 

Das Nisut-Chepeka-Museum (24)

Der rote, etwas windschiefe Backsteinbau beherbergt einige höchst interessante Ausstellungstücke aus der älteren und neueren Geschichte des Nisutreiches. Natürlich spielt auch hier der Befreiungskrieg gegen die Besatzer aus Al'Anfa eine große Rolle, das gesamte Erdgeschoß ist mit Ausstellungsstücken aus dieser Zeit vollgestopft. Man kann dort die Prunkrüstung des al'anfanischen Generals H'Rovenal ebenso bewundern, wie eine ganze Anzahl von al'anfanischen Waffen, Wappenröcken und Standarten.
Auch die Tar-Honak-Büste, mit der die Besatzer die Statue König-Kachas verunzierten, ist dort wiederzufinden: Mit dem Gesicht zur Decke gerichtet, dient sie am Eingang des Gebäudes den Kemi zur Reinigung des Schuhwerks. Auf den anderen Etagen findet man neben Dolchen diverser Attentäter auch Kuriositäten wie Schrumpfköpfe aus dem Regenwald und unerklärliche altechsische Gebrauchsgegenstände. Auch zahlreiche bedeutende Dokumente werden als Kopie zur Schau gestellt, und so kann, wer des Lesens mächtig ist, wichtige Briefe aus der Nisut Hand oder religiös Erbauliches von den Geweihten zu Laguana studieren. Die größte Attraktion ist aber die einmal im Jahr erfolgende Zurschaustellung der kem'schen Throninsignien: Krone, Flegel und Stab. Unter allerstrengster Bewachung kann die Bevölkerung die Zeichen der kem'schen Herrscherinnenwürde am Geburtstag der ehemaligen Nisut Peri, dem 2. Rahja, bewundern.

 

Der Efferd-Tempel (25)

Der altehrwürdige Efferdtempel der kem'schen Hauptstadt ist von außen ein unauffälliges Haus, das eher an eine Bürgervilla denn an einen Tempel erinnert. Doch im Inneren sieht alles ganz anders aus. In seiner seit dem Jahre 2 S.G. dauernden Tätigkeit als oberster kem'scher Efferddiener hat Hochwürden Efferdian Wogenstolz aus dem Gebäude ein Reich der Wunder und der Schönheit geschaffen. Wenn man den prächtig bestickten Vorhang zum Betsaal betritt, so meint man, in eine andere Welt einzutauchen. Der Boden ist mit einem bunt schillernden Mosaik aus zahllosen Muschelschalen belegt, während an den Wänden meist blaue Steine das Licht der geschickt plazierten Kohlebecken reflektieren. Makellos schöne Delphinstatuen aus blauem Stein zieren die Wände des Tempels und führen die Frommen geradewegs vor den Altar, einem mit grünen Algen bewachsenen, unbehauen Felsblock, von dem die Sage geht, dieser Stein habe dereinst einmal die Stadt vor einer großen Flutwelle gerettet. Hochwürden Efferdian ist ein Mann um die sechzig Jahre, der mit seiner freundlichen Ruhe und würdigen Stille wie eine Insel im Sturm wirkt. Während der dunklen Zeiten des Reichs war sein Tempel einer der wenigen Zufluchtsorte für Verfolgte, die von den Besatzern respektiert wurden.

 

Das Rastullah-Bethaus (26)

Das außen im schlichten tulamidischen Stil gehaltene Haus ist das Hauptbethaus der kem'schen Rastullahgemeinde. Im Inneren finden sich kostbare Teppiche, schöne Wandmalereien und wunderbar geschnitzte Holzarbeiten. Doch Ungläubigen ist der Zutritt streng untersagt, denn die kem'sche Rastullahgemeinde ist ebenso erzkonservativ wie der ihr unversöhnlich gegenüberstehende dogmatische Flügel der kem'schen Boronskirche, der es als besondere Schmach empfindet, inmitten des "Heiligen Landes" das wichtigste Bethaus der 'Rastullah-Ketzer' vorzufinden. Doch die von Mawdli Kazan ibn Delleschi angeführten Fanatiker nutzen jede Gelegenheit, die Boronis zu provozieren, wissen sie ihren Kult doch als 'Irrglauben' toleriert und somit geschützt. Doch innerhalb der Hl. Kurie ist man überzeugt, daß es nur eine Frage der Zeit sei, wann dem Rastullah-Kult der Status als 'Irrglauben' entzogen und er als Ketzerei verdammt wird. Inzwischen beschränken sich beide Seiten auf einen bösartigen Kleinkrieg mit Worten und Taten, bei dem die Boronis jedesmal als Sieger hervorgehen, da sie die Mehrheit der kem'schen Bevölkerung auf ihrer Seite wissen.

 

Das Vergnügungshaus Yah/Khefu (27)

Das größte Gebäude der Hauptstadt - neben den Villen auf der Inselstadt - beherbergt das berüchtigte kem'sche Vergnügungshaus'Yah'. Von außen im Stil eines großen, bornländischen Fachwerkhauses mit dunklen Holzbohlen, weißem Putz und roten Dachziegeln gehalten, spaltet es sich im Inneren nach dem luxuriösen mit Topfpflanzen, kostbaren Teppichen und erlesenen Möbeln eingerichteten Empfangsraum in verschiedene Salons auf. So gibt es einen 'Vinsalter Salon' ebenso wie den 'Mherweder Diwan.' Die Preise sind hoch, doch die Qualität der Dienstleistungen rechtfertigt sie voll und ganz. Das 'Yah' bietet neben den üblichen Mahlzeiten und Übernachtungsgelegenheiten noch zahllose andere Vergnügungsmöglichkeiten an. So gibt es im Kellergeschoß einen großen Raum, in dem sich Glücksritter und Spielerinnen aller Art versuchen, ein Badehaus ist ebenso vorhanden wie eine Theaterbühne, auf der regelmäßig erbauliche Schaustücke aufgeführt werden. Für das religiöse Wohl der Gäste sorgen Schreine aller Zwölfgötter, auch an die Anhänger des Wüstengottes und der Göttlichen Zwillinge wurde gedacht. Noch zu erwähnen bleibt, daß die durchweg attraktiven Bediensteten auch Genüsse rahjatischer Art ohne Einschränkung anbieten. Die Gäste des Etablissements rekrutieren sich aus reichen Fremden, aber auch aus den oberen und obersten Schichten des Kemi-Reiches. Das Vergnügungshaus, das Dependancen in zahlreichen kem'schen Städten aber auch im Ausland unterhält, ist im Besitz Ihrer Hoheit Chanya Al'Mout'pekeret.

 

Das Badehaus 'König-Kacha-Thermen' (28)

Neben dem Yah ist das Badehaus 'König-Kacha-Thermen' die zweite bedeutende Adresse für den gehobenen Geschmack in Khefus Oberstadt. Von außen wirkt das Badehaus wie ein orientalischer Palast, mit blauglasierten Kacheln und goldfarbenen Verzierungen, im Inneren überwiegen grüne Kacheln und hellblauer Speckstein. Vom Stil her ist man bemüht, einem al'anfanischen Badehaus der mittelreich'schen Kolonialzeit nahezukommen. Die durchweg attraktiven Bediensteten führen die Gäste zunächst in einen Vorraum,wo sie ihre Kleidung ablegen, frische Tücher, Seife und Duftöle bekommen können. Das Haus bietet auch einen Reinigungsdienstfür die Kleidung an, was von den meisten Erholungsuchenden dankbar angenommen wird, zumal der hauseigene Schneidermeister auch für komplette Neuanfertigungen in kürzester Zeit bürgt. Neben einem großen Gemeinschaftsbecken gibt es auch abgeteilte kleinere Badeseparees, in denen man diskret mit seiner Begleitung oder mit entsprechend ausgebildeten Dienstboten die Zeit verbringen kann. Neben dem obligaten Massagedienst, einer großen Sauna und dem Eiswasserbecken bieten die Thermen auch Mahlzeiten in Form von frischem Obst, leicht gegartem Fleisch, sowie Wein und Fruchtsäften aller Art. Das Badehaus ist nicht ganz billig, und so wird man dort vor allem Angehörige der höheren Stände antreffen, zumal die kräftigen 'Hausdiener' aufmerksam auf die Einhaltung gewisser Grundregeln der Etikette achten.

 

Der Wassermannbrunnen (29)

Eine kem'sche Sage:
In Khefu befindet sich ein Brunnen, an welchem vorzeiten niemand vorübergehen konnte, ohne mit Wasser und Schlamm bespritzt zu werden. Der Brunnen kam in Verruf, und wer es irgend einrichten konnte, der mied diesen Ort. Eines Tages kam ein Fremder, der lachte über die Angst der Menschen vor diesem Platz, ging am Brunnen vorüber und wurde, wie man es ihm erzählt hatte, mit Wasser bespritzt. Er lief aber nicht davon, sondern blieb stehen und fragte beherzt:' Was soll dieser Unfug?' Wer ist da und treibt so dummeScherze?'
'Ich!' antwortete eine tiefe Stimme aus dem Brunnen. 'Der Wassermann!'
'Nun gut, Wassermann, wozu treibst du aber solche Scherze, schreckst die Leute und verdirbst ihnen die Kleider?'
'Weil die Menschen nichts von mir wissen wollen', antwortete die Stimme. 'Ladet ihr Menschenkinder mich nur ein, wenn im Wirtshaus oder sonst einem Hause ein Vergnügen ist, dann bin auch ich euer Freund und werde Frieden halten.'
'Gut, so soll es sein, Wassermann, aber du mußt auch dann die Menschen, die hier vorübergehen, ungeschoren lassen.'
'Ich halte immer mein Wort. Haltet ihr nur das eure!'
Der Fremde machte sein Abenteuer allwärts bekannt, und alle Leute waren nun äußerst neugierig, was daraus werden würde. Jedenfalls gaben sich alle das Wort, den Wunsch des Wassermanns zu erfüllen und ihn bei solchen Gelegenheiten einzuladen. So ward er oft in der Gestalt eines bärtigen Seemanns auf manchem Fest gesehen, und er brachte immer die schönsten Fische als Geschenk mit. Es wurde am Brunnen auch nie wieder ein Mensch mit Wasser bespritzt.
Das ist nun schon lange her, und jetzt kann man am Brunnen rufen so viel man will, es antwortet keiner mehr. Entweder ist der Wassermann gestorben oder, da ein Geist wohl nicht sterben kann, auf einige Jahrhunderte verreist. Sicher ist auf jeden Fall: Die Netze der Fischersleut'in Khefu waren niemals leer. Doch im Brunnen, der immer klares Wasser hat, kann man beim Mondschein seltsame Lichter erblicken, doch niemand wagte es bisher, die Behausung des Wassermanns zu untersuchen.


Die Inselmauer (30)

Die Inselmauer ist eine gut dreieinhalb Schritt hohe, dicke Festungsmauer, die die Inselstadt vom östlichen Tsapageienpark abtrennt. Auf ihrer zinnenbewehrten Krone patrouillieren ständig aufmerksame Söldlinge, damit kein Eindringling ins Regierungsviertel gelangen kann.Die Tore im Norden und Süden werden streng bewacht, und alle, die in die Inselstadt wollen, müssen sich strengen Kontrollen unterziehen.Diese übertrieben scheinenden Vorsichtsmaßnahmen haben jedoch einige Berechtigung: Während des Befreiungskrieges gelang es al'anfanischenAgenten, durch die lasch bewachten Inseltore die Prinzessinnen Ela und Rhônda zu entführen und so die Nisut zur Aufgabezu bewegen.

 

Der Praiostempel (31)

Der Praiostempel der kem'schen Hauptstadt hat schon bessere Zeiten gesehen. Von dem prächtigen, goldglänzenden Gebäude aus der garether Kolonialzeit ist nicht viel geblieben. An zahlreichen Stellen blättert der Goldlack ab, doch Hochwürden Kahrya Sonnenglanz, eine konvertierte Elfe, hat gerade genug Geld, um die nötigsten Reparaturen durchzuführen. So muß sie fassungslos zusehen, wie in einer - für Angehörige des Schönen Volkes - so kurzen Zeit die Gläubigen in Scharen verloren gehen, und oft vergleicht sie ihre Situation mit einer Person, die versucht, Wüstensand mit einer Gabel aufzufangen. Vom einstmaligen Ruhm des Greifengottes in Kemi kündet nur noch das dumpfe und traurige Hallen des Mittagsgongs, mit dem Hochwürden die wenigen, verbliebenen Gläubigen zum Gebet ruft. Und wenn bisweilen auch ein reicher Bornländer oder eine vermögende Vinsalterin den Tempel reich beschenkt, so ist das doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch von der früheren, selbstbewußten Arroganz der wunderschönen, blonden Elfe ist nichts geblieben. Freundlich, fast demütig, kümmert sie sich um ihre wenigen Gläubigen und das verfallende Gebäude, sicher, daß die schlechten Zeiten nur eine Prüfung des Greifengottes sind...

 

Die Gesandtschaft des Herzogtums Engasal (32)

Mitten im geschäftigen Treiben der Hauptstadt findet sich auch ein imposantes Gebäude, welches die Gesandtschaft des Herzogtums Engasal beherrbergt. Der herzögliche Botschafter zu Khefu ist niemand anderes als Hongdar Roggof Cavalliere v.Engasal, ein Neffe des Herzogs Garf von Engasal. Der Gesandte ist zugleich auch Vorsteher der Handelsniederlassung der Garfolóra-Manufaktur, deren Produkte, "wie die veredelten Schweinsblasen, erotischen Holzschnitzereien und natürlich auch der vorzügliche engasalische Wein, auch im Kemikönigreich reißenden Absatz finden" - so behauptet der Gesandte... Alles in allem scheint es sich bei der Botschaft denn auch mehr um ein Handelshaus, denn um einen Ort der Diplomatie zu handeln.
Stets gehen Rauschkrauthändler ein und aus, denn das Herzogtum ist einer der großen Abnehmer des kem'schen Rauschkrautes. Der kaufinteressierte Besucher wird so ziemlich alles in der Botschaft finden, was das rahjagefällige Herz begehrt. Auch können Schiffspassagen in Richtung Norden (über Kuslik, Havena, Salza) auf der Kogge "Stolz von Engasal" und Urlaubsaufenthalte im Herzogtum hier gebucht werden. Wie wichtig dem Herzogtum die guten Kontakte zum Kemikönigreich sind, beweist die Tatsache, daß Engasal gleich zwei Gesandte stationiert hat. Ihre Excellenz Marie Lin Mohnrot, Emulgata zu Engasal, ist als Sonderbotschafterin in Khefu und betreute früher hauptsächlich die Verbindungen zum Draconizienserorden mit dem das Herzogtum eigene diplomatische Kontakte unterhielt. Das Botschaftsgebäude selbst ist ausgesprochen luxuriös ausgestattet underinnert von der Einrichtung her ein wenig an einen Rahjatempel. Vorherrschende Farben sind rot und blau (die Farben Engasals). Über der Tür prangt das eindrucksvolle Wappen Engasals mit der berühmten Steinarele.
Die beiden Gesandten sind Anfang dreißig, wohl gebaut und von angenehmen Äußerem. Zwar mag man der blonden Marie Lin Mohnrot nachsagen, sie sei einwenig langsam im Denken, doch macht sie dies mit ihrem unvergleichlichen Charme und ihrer überaus ansehnlichen Erscheinung (welche sie meist mehr ent- als verhüllt) mehr als wett. Oft kommen Besucher nur zu einer Audienzin die Gesandtschaft, um längere Zeit mit Marie Lin allein zu sein. Ähnlichen Eindruck hinterläßt auch S.E. Hongdar Roggof, wenngleich er mehr durch Witz und brillante Gesprächsführung beeindruckt. Der Feinschmecker genießt das Leben in Khefu ganz offensichtlich, worunter allerdings seine Figur ein wenig zu leiden scheint.
Neben den Gesandten befinden sich stets mehrere Diener und einige Mitarbeiter der Garfolóra-Manufaktur im Botschaftsgebäude.

 

Nisutlich kem'sche Akademie "Dekata" der weisen Eule der Hesinde für Magica Combattiva, Clarobservantia und Transformatica zu Khefu unter Protektion Ihrer Majestät Nisut Peri III. Setepen Ni Kemi gegründet im Jahre 15 SáGereh durch Seine Hochgeboren Tiftal zu Stippwitz NiFrencaal (33)

Die Dekata, die einzige Magierakademie Kemis, hat ihren Sitz im Inselviertel. Begründet von Magister Olbul Drelgolar unter der Protektion der Hl. Nisut und des ehemaligen Akîbs Ni Frencaal, Tiftal von Stippwitz, durchlebte die Akademie eine bewegte Geschichte - die ihren Höhepunkt in der Schließung während der Pestepedmie in der kem'schen Hauptstadt fand. Erst im Boron des Jahres 27 S.G. wurde das Institut wiedereröffnet. Man wird in der Zukunft sehen, ob die neuen Magister an die ruhmreichen alten Zeiten anknüpfen können...

 

Die Gesandtschaft des Mittelreichs und Hôt-Alems (34)

Gesandte: Silinia von Bergen-Oberfels

 

Die Gesandtschaft Ghurenias (35)

Gesandter: Hernán Guitierrez

 

Strámin

"Wenn dies alles war, dann begebe ich mich wieder an meine Arbeit, Eure Majestät." Dio de Cavazo hatte sich schon halb aus seinem Lehnstuhl hochgestemmt, als ihn eine Handbewegung der Nisut zurückhielt. Peri III. zog einen Bogen Papier aus dem Stapel auf ihrem Schreibtisch hervor und begann mit kratzender Feder zu schreiben.
De Cavazo lehnte sich in seinen mit Schnitzereien verzierten Sitz zurück und wartete mehr oder weniger geduldig. Sein Blick schweifte über das Terrassengeländer hinaus über die hellbraunen Fluten des Astaroth hin zum Südmeer, das in der Sonne des Nachmittags glitzerte. Wenn die Nisut in Khefu weilte, ließ sie sich nie die Gelegenheit entgehen, mit ihrem Kanzler einige Fragen von Angesicht zu Angesicht zu klären. Die Terrasse der Stadtresidenz hatte sich als guter Verhandlungsort erwiesen. Falls das Wetter es zuließ, konnten sie hier beraten, ohne das neugierige Augen und Ohren zu nahe gekommen wären. Und auch mit Zaubertricks hätte sich wohl niemand über die Staatsgeschäfte des Káhet informieren können, dafür sorgte Dio de Cavazo schon höchstselbst.
Nur hätte es nach seinem Geschmack ruhig etwas zügiger gehen können. Aber da die Nisut schon seit ihrer Geburt nicht in der Lage war zu sprechen, beschränkte sich ihr Teil der Unterhaltung auf das Schreiben von Notizen. Das gehörte zu den Eigenheiten der Herrscherin, die de Cavazo wohl nie verstehen würde. Wenn sie nur gewollt hätte, so wäre diese kleine Unpäßlichkeit doch schon längst mit Magie behoben. Nunja, so mußte er sich eben in Geduld üben.
In letzter Zeit zogen sich die "Besprechungen" immer länger hin. Seit Peri III. ihren Rücktritt zu Gunsten ihrer Tochter angekündigt hatte, schien sie in einen wahren Arbeitseifer verfallen zu sein, um alles für einen reibungslosen Wechsel in die Wege zu leiten. Ganz ohne Schwierigkeiten würde es nicht vonstatten gehen, da war der Kanzler sicher. Kronprinzessin Ela wurde beim mächtigen Boronsklerus trotz des Antritts ihres Noviziats im Orden teilweise immer noch mit großer Skepsis gesehen, und da war ja auch noch ihre überaus "glaubensfeste", geächtete Schwester Rhônda, die mit den ihr ergebenen Truppen in Anûr jede sich bietende Scwhäche des Nisutthrons zur Usurpation ausnutzen würde.
Dio de Cavazo würde eine gewichtige Rolle spielen, wenn es erst einmal wirklich an den Wechsel auf dem Thron gehen würde, soviel stand fest. Er galt bisher als Unterstützer der Prinzessin Ela, doch es mag alleine an den mangelnden Alternativen liegen, die ihn bislang nicht auf Abstand zu der jungen, immer mehr zu orthodox-religiösen Ansichten neigenden Ela gehen hat lassen. Die ungeliebte Boronskirche würde er nicht zu mehr Zurückhaltung bringen können, doch seine neue Taktik, den Feind zu umarmen anstatt ihn zu bekämpfen, schien estaunliche Erfolge zu. Wenn dies nebenbei noch seine eigene Macht steigern konnte, um so besser.
De Cavazo schrak aus seinen Gedanken auf. Erst jetzt bemerkte er, dass das Kratzen der Gänsefeder schon geraume Zeit aufgehört hatte. Wie lang hatte die Nisut ihn schon fixiert? Ihre schwarzen Augen blickten unergründlich und zugleich auf seltsame Weise spöttisch, wie es de Cavazo schien. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob die zierliche schwarzhaarige Frau als Ersatz für ihre Stimme nicht über andere Sinne verfügte. Sie schien viel mehr als nur das Äußere der Menschen zu sehen.
Schließlich reichte sie das Papier über den Schreibtisch. Nur wenige Zeilen standen darauf. Also musste sie ihn schon geraume Zeit beobachtet haben, während er seinen Gedanken nachhing. "Ah, Treles Dornenstein, der Leibarzt." Peri III. nickte. "Die Rettung des Kleinadels und des Konvents liegt in seiner Abschaffung", zitierte de Cavazo aus dem Gedächtnis das Protokoll des jüngsten Zwischenkonvents. "Eine bemerkenswerte Idee, die der junge Mann da hat. Nur bezweifle ich, leider, leider, dass er sie durchsetzen kann. Ein Amtsadel ohne zwingenden Landbesitz und ohne Erbrecht auf den Titel. Damit wird Dornenstein unter seinen Standesgenossen ziemlich alleine stehen. Aber vielleicht erweisen sich seine Ideen als ganz nützlich, um den einen oder anderen Aufmüpfigen von Adel am Zügel zu halten. Ihr wißt, Majestät, daß ich in dieser Angelegenheit ganz der Meinung Seiner Excellenz bin." Lächelnd entsann sich der Kanzler an seine so sehr geliebten Polemiken gegen den von ihm wenig respektierten Stand. "Gut, ich werde sehen, was sich über den jungen Mann an Nachrichten auftreiben lässt." Nun erhob sich der Kanzler und verneigte sich fast ungehörig knapp vor seiner Nisut. "Erwartet meinen Bericht in wenigen Tagen."


Die Tásah Strámin umfasst das Fischerdorf Strámin sowie die Weiler Bankat und Fjulmin sowie eine Handvoll Bauernhöfe auf der Landzunge, die sich im Westen der Provinz Frencaal nach Süden in Richtung des Dorfes Dâs'sel erstreckt.
Das Dorf Strámin an der Mündung des Lothbeth ins Meer ist die größte Ansiedlung auf der Landzunge und bietet in seinen kleinen, aus Ziegeln gemauerten Häusern dennoch nur rund 60 Einwohnern und Einwohnerinnen ein Zuhause. Die meisten Bewohner sind Fischer, die im küstennahen Gewässer auf Fangfahrt gehen. Die Fische werden am Strand getrocknet und an Händler aus Khefu verkauft. Ab und zu findet ein Fischer auch mal eine kleine, nicht besonders wertvolle Perle zwischen den Korallen. Um das Dorf herum haben die Einwohner einige Gemüsegärten angelegt. In Rufweite des Orts liegen drei Bauernhöfe. Wie die übrigen Bauern halten sie auf der inzwischen komplett entwaldeten Insel Ziegen und Schafherden, um Käse und Wolle zu verkaufen. Obwohl Strámin so klein ist, gibt es hier doch einige wenige besondere Gebäude:

 

Schenke "Zum Rochen":
Das große, aber niedrige Fachwerkhaus liegt an dem kleinen Dorfplatz mit der großen Zeder gegenüber dem Borontempel. Wirt Boretung schenkt hier abends Wein, Bier und Branntwein aus. Seine Gäste kommen aus allen drei Dörfern, von denen keines mehr als eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt ist. Boretung vermietet auch drei kleine Zimmer, falls einmal Händler in den Ort kommen. Außerdem hat er hinter der Theke ein kleines Lager mit allen möglichen Waren, die die Bewohner der Gegend nicht selbst herstellen.

 

Der Boronstempel:
Das einzige Gebäude aus Basaltsteinen dominiert den Dorfplatz. Der Geweihte Loros Bornsang sorgt hier mit zwei jungen Kaplänen für das Seelenheil der Bauern und Fischern aus den umliegenden Dörfern. Der kleine Tempel stellt mit seinem Querschiff und den drei großen Fenstern aus Buntglas zugleich auch die einzige bauliche Sehenswürdigkeit der Gegend dar. Loros hat zur Zeit zwei Kapläne unter seinen Fittichen, was für einen kem'schen Dorftempel eine stattliche Zahl an Geweihten bedeutet. Bormivorn Tjernaus ihnen versieht im Rahmen seiner Ausbildung erst seit wenigen Wochen den Gemeindedienst in Strámin, während seine Glaubensschwester Falacantara M'Bikeb fast zwei Jahre hier war und bald eine eigene Gemeinde übernehmen wird.

 

Jagur-Docks:
An der Mündung des Lothbeth gelegen, betreibt die Familie Jagur mit ein paar Arbeitern den einzigen Handwerksbetrieb der Gegend. Vor allem Fischerboote entstehen in dem langen Holzschuppen am Rand des Dorfs. Seltener fertigen die Jagurs auch kleine, einmastige Schiffe, die kürzere Strecken auf hoher See zurücklegen können. Die Bootsbauer sind bekannt für ihre solide Arbeit und verkaufen ihre Gefährte auch an weiter entfernte Küstenorte. Außerdem fertigen sie so ziemlich alles an Holz- und Metallarbeiten für die Bewohner der Umgebung an, was diese nicht selbst herstellen können.

 

Der Gutshof des Sah:
Das lang gestreckte Haupthaus steht auf einem Hügel nördlich Strámins. Es ist komplett aus hellen Backsteinen errichtet. Ein kleiner Turm ragt aus dem Ostflügel heraus. Ein großes hölzernes Gebäude dient als Stall und Scheune. Auf dem Gutshof leben die Familie des Verwalters Remu Tshiani und zwei Diener. Insgesamt ist es nur ein kleiner Haushalt. Der Hof bearbeitet die zugehörigen Ländereien nicht selbst, sondern hat sie an die Bauern der Umgebung verpachtet. Außerdem leben seine Bewohner von den Abgaben der Einwohner.

 

Im Folgenden seien die wichtigen Personen in Stráminaufgeführt:

 

Remu Tshiani:
Der Verwalter Treles' ist in Abwesenheit des Sah, also fast immer, die mächtigste Person der Tásah. Er erfüllt in Personalunion die Aufgaben des Gutsverwalters, Vertreters in herrschaftlichen Aufgaben und Büttels von Strámin. Treles gibt zahlreiche Aufgaben an ihn ab, die eigentlich zu seinen hoheitlichen Pflichten zählen. So hat Remu etwa die absolute Hoheit über das Einsammeln der Abgaben. Dabei wirtschaftet er eifrig in die eigene Tasche, so dass er auch der reichste Mensch in der Gegend ist. Da Treles sein kleiner Zuständigkeitsbereich herzlich egal ist, hat er bisher nichts davon bemerkt. In der Bevölkerung wissen viele über Remus Machenschaften Bescheid, aber niemand stört sich daran. Remu ist kein Tyrann, und die Abgaben bleiben gering. Die Leute befürchten, dass die Steuern und Handdienste steigen würden, wenn der Herr aus der Stadt häufiger da wäre und sie ihn bewirten müssten. Remu ist ein etwa 40-jähriger, schlanker Mann mit schwarzen Haaren. Seinen Tag verbringt er damit, im Herrenhaus des Gutshofs wie ein Sah' zu leben, gelegentlich die drei Dörfer abzureiten, ansonsten alle Verwaltungsaufgaben zu regeln, natürlich immer mit einem kleinen Profit, und Treles Dornenstein alle paar Monate zu berichten, dass alles in Ordnung ist.

 

Th'lashmar Jagur:
Sie ist die Älteste der großen Fischerfamilie Jagur. In dieser Funktion ist sie so etwas wie die Sprecherin aller Fischer aus dem kleinen Sah. Wer seinen Lebensunterhalt auf dem Meer verdient, beugt sich dem Wort der Matrone. Ihre drei kräftigen Söhne haben seit einigen Jahren die Leitung der Jagur-Docks übernommen.
Th'lasmar hat die Fünfzig deutlich hinter sich gelassen. Ihre durchdringende Stimme und ihre gewaltige körperliche Erscheinung zwingen jedem Gegenüber Ehrfurcht auf. So mancher Fischer würde es lieber mit einer wütenden Walrosskuh aufnehmen als Th'lashmar.

 

Boretung:
Der Wirt des "Rochen" stammt nicht aus Strámin. Als Unteroffizier wurde er nach dem Befreiungskrieg mit Auszeichnungen für treue Dienste aus der nisutlichen Armee entlassen und kaufte sich mit der Abfindung die Kneipe. Es wird gemunkelt, dass er weit aus dem Norden kommt und in allen möglichen Kriegen an wechselnden Seiten gekämpft hat. Aber obwohl er sonst viele Geschichten kennt, erzählt er wenig von seiner eigenen Vergangenheit. Boretung ist so etwas wie die "Zeitung" des Dorfs, weil bei ihm an jedem Abend die Fischer, Bauern und Holzfäller zusammenkommen, außerdem schlagen die fahrenden Händler bei ihm ihr Lager auf.
Boretung ist etwa 50 Jahre alt. Der alte Krieger hat inzwischen einen deutlichen Bauch angesetzt, verfügt aber immer noch über beachtliche Kräfte, was er bei der einen oder anderen Kneipenschlägerei unter Beweis gestellt hat. Er trägt einen gewaltigen Schnauzbart und über die bei Wirten nicht so seltene Fähigkeit, mit allen möglichen Leuten schnell Freundschaft zu schließen. Ärger gibt es nur gelegentlich mit dem Boronsgeweihte Loros. Wenn es in der Kneipe mal wieder boronungefällig laut zugegangen ist, geraten die Männer schon einmal heftig in Streit miteinander. Aber spätestens nach zwei Tagen sitzt Loros wieder bei einem Versöhnungswein auf einem Bank im "Rochen".

 

Loros Bornsang:
Der etwa 40-jährige Geweihte stammt ebenfalls nicht aus dem Ort. Er kam gleichzeitig mit Boretung an und war zuvor Militärkaplan gewesen. Die beiden Männer verbindet eine herzliche Freundschaft, bei der ab und zu auch mal ein paar laute Worte fallen. Meistens ist Loros daran schuld. Denn das Temperament, das seine Predigten so beliebt macht, geht manchmal mit ihm durch. Loros ist eher klein gewachsen, hat eine glänzende Glatze und ausgeprägte O-Beine. Allerdings sind seine Autorität und die Rage seiner Predigten Grund genug, dass niemand sich über ihn lustig macht.

 

Amalfa:
Die alte Frau wohnt in einer kleinen, windschiefen Hütte, hoch auf den Klippen, rund eine Viertelstunde Fußmarsch vom Dorf weg. Wie lange Amalfa dort wohnt, wo sie herkommt, wie alt sie wirklich ist und wovon sie eigentlich lebt, das weiß niemand. Die Fischer munkeln viele unheimliche Geschichten über sie. Die alte Hexe könne sich in einen Fisch oder eine Möwe verwandeln, sammle merkwürdige Kräuter und außerdem sei ihre Hütte an den Namenlosen Tagen immer verlassen; nicht dass sich zu dieser Zeit jemand da raus trauen würde. Trotzdem bekommt Amalfa regelmäßig Besuch. Sie betreibt einen schwunghaften Handel mit Liebestränken, Talismanen gegen die Gicht und Zukunftsprophezeiungen.

 

Dâs'sel

Der Weiler Dâs'sel mit rund 40 Einwohnern liegt im Süden der Tásah auf der Sumpfsteinwald-Insel. Die meisten Einwohner verdienen ihr Geld als Holzfäller. Außerdem gibt es auch einige Fuhrleute, die die Stämme in die größeren Orte der Umgebung zur Weiterverarbeitung bringen.
Er ist der Anführer der Holzfäller, Rainindas, spricht in öffentlichen Angelegenheiten für die bevölkerung, führt den Vorsitz bei Holzauktionen und übt zugleich das Amt des Büttels aus. Rainindas ist ungefähr 45 Jahre alt, dennoch ziehen sich erst wenige graue Strähnen durch sein Haar und den dichten, dunklen Vollbart, der sein Gesicht umrahmt. Seine hochgewachsene und muskulöse Gestalt zeugt von einem Leben, das vor allem aus harter Arbeit besteht.
Neben Rainindas ist noch Render Lurzas zu erwähnen. Dieser ist ein ganz normaler Holzfäller wie alle anderen auch, darüber hinaus scheint er ein sehr geschickter Jäger zu sein, der oft die Axt aus der Hand legt, um mit seinem Bogen für mehrere Tage im Sumpfsteinwald zu verschwinden. Die wertvollen Felle, die er auf seinen Ausflügen erbeutet, haben seiner Familie einen bescheidenen Wohlstand ermöglicht. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Sicherlich geht er oft jagen, aber noch häufiger verbringt Render seine Ausflüge in einem Räuberlager mitten in den Mangroven, in denen der Sumpfsteinwald in das Meer übergeht. In dem unwegsamen Gelände hat der Räuberhauptmann Zal'dirm, "der Rote", sein Lager aufgeschlagen. Die Bande verfügt über etwa ein Dutzend Leute. Von ihrem bisher unentdeckten Versteck in den Mangroven haben sie in den zurückliegenden zwei Jahren schon so manchen Raubzug gestartet. Dabei sind sie klug genug, nur selten die unmittelbare Umgebung heimzusuchen, sondern mit dem kleinen Einmaster, den sie zwischen den Mangroven versteckt haben, zu weiter entfernten Siedlungen zu segeln und dort Häuser auszurauben. Render stellt für die Bande eine wichtige Verbindung zur Außenwelt dar. Er versorgt sie mit Informationen für die nächsten Überfälle und mit Ausrüstung, die sie in ihrem Lager gebrauchen können. Beides sammelt er in der Hauptstadt, wenn er zum Verkaufen seiner Felle dorthin wandert.

 

Port Kosch

Der kleine Fischerort Port Kosch ist eigentlich nur eine Ansammlung von ein paar Hütten mit rund 20 Einwohnern. Die Hütten stehen am südöstlichen Ende einer langene Bucht auf einer steilen Klippe hoch über dem Wasser. Unten am Strand sind die Boote festgemacht, denn die Einwohner verdienen ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei. Wichtigste Person ist dort Egbart Fischer. Der junge Mann hat vor zwei Jahren von seinem alten Vater das Amt des Büttels übernommen und versieht es mit großem Eifer, obwohl es in seinem Nest natürlich kaum etwas zu tun gibt. Egbart ist 20 Jahre alt, hat kurze, blonde Haare und ist von der Wichtigkeit seines Amts und seiner Person fest überzeugt

Die Tásah Zut'hedsh und die Arx Pallida - Stammsitz des altehrwürdigen kem´schen Hauses Pâestumai

 

Übersicht über den Zentral-
bereich der Arx Pallida.
Blau die Villa, rot die
Wirtschaftsgebäude.

Über die Geschichte des Hauses Pâestumai und seiner Mitglieder wurde zu einem früheren Zeitpunkt schon berichtet. Heute steht die prächtige Residenz der Familie im wunderschönen Frencaal im Mittelpunkt der Berichterstattung.

 

Etwas mehr als einen halben Tagesritt von der Capitale in nordöstlicher Richtung entfernt, liegt das kleine beschauliche Dörfchen Zut´hedsh. Von einer wehrhaft aussehenden Pallisade umgeben, welche nur durch zwei beschlagene Tore zu passieren ist, stellt Zut`hedsh einen weitaus respektableren Weiler dar, als dies manch anderes Dorf in Kemi tut. Das Dorf selbst ist schon ganz durch die nahe Residenz geprägt, welche nur eine halbe Sanduhr später über eine extra angelegte Nebenstraße zu erreichen ist. Zahlreiche Häuser, einige mehr als nur die öffentlichen Gebäude, sind aus Stein erbaut und säumen die Straßen. In ihnen wohnen Bauern und Handwerkerinnen, welche fast alle im Dienste des Hauses Pâestumai stehen. So findet sich für die knapp siebzig Seelen, welche hier wohnen, eine erstaunlich hohe Anzahl von unterschiedlichen Handwerksberufen: Ein Grob- und ein Feinschmied, eine Schreiberin, welcher hier im Auftrag des Sahs ni Zut´hedsh Dienst tut, eine Kürschnerin, eine Färberin, ein Schneider, zwei Baumeister und viele andere, die sich andernorts in dieser Vielfalt nicht halten könnten. Doch das Haus Pâestumai hat ständig einen Bedarf an qualifizierten Handwerkern und Handwerkerinnen, und Zut´hedsh ist für viele Waren, welche von den Plantagen der Familie aus Djerniako und Frencaal kommen, Zwischenstation, bevor sie weiter nach Khefu transportiert werden. Dort werden sie dann anschließend in die unterschiedlichen Länder des Kontinentes verschifft. Hier wird vor allem der auf den Plantagen getrocknete Tabak weiter verarbeitet und mit dem über die Grenzen des Káhet ni Kemi bekannten "Gülden Hedsch" Deckblatt versehen. Neben einer Vielfalt an Handwerk ist auch eine erstaunliche Vielfalt an Völkern zu sehen. So haben sich hier zwei kleine Zwergensippen und auch eine Familie tulamidischer Herkunft niederglassen. Die Zwerge sind für die Minen der PâestMorga zuständig, so daß meist nur die Hälfte der Sippenmitglieder im Dorf ist, während die anderen unterwegs sind. Die Tulamiden überwachen und erweitern vor allem die komplizierte Be- und Entwässerungstechnik, mit der ein unkontrolliertes Überfulten der zahlreichen Plantagen und Ackerflächen des Hauses verhindert wird.
Das einst kleine Dörfchen Zut´Hedsch ist mittlerweile ganz und gar auf die Belange der Familie ausgerichtet und es heißt, daß nicht wenige dort einen passablen Dolch oder gar Schwereres "unter dem Bett" verbergen, um sich im Zweifel nicht nur wortstark für die Familie einzusetzen.

 

Ansicht vom Boronsflügel (rechts)
auf den Haupteingang
Empfangshalle im Nord-Süd Flügel.

Arx Pallida selbst ist - ausgenommen die Bauwerke der Alleinseligmachenden Heiligen Boron-Staatskirche - eines der gleichzeitig ältesten, größten und prächtigsten Bauwerke im ganzen Reich. Größtenteils von Zerstörung verschont geblieben - was jedoch zahlreiche Plünderungen nicht ausschließt - blieb so bis heute vieles von der ursprünglichen Bausubstanz erhalten. Inmitten weitläufiger Seen, von großzügigen Anlagen umgeben, liegt das Hauptgebäude, welches nahezu vollständig aus Tiik-Tok-Holz erbaut wurde. Ein Holz Deres, welches üblicher Weise wegen seiner Leichtigkeit und Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen im Schiffsbau verwendet wird. Einzig die Fundamente und wenigen Kellerräume, welche das Anwesen besitzt, sind aus Basaltgestein erbaut. Das Dach war einst mit Holzschindeln gedeckt, doch diese wurden jetzt durch Schiefer ersetzt. Ein kostspieliges Vergnügen in einem Reich, wo jegliches Baugestein knapp ist und der Import teuer. Gemessen an seiner Bewohnerzahl, ist das Hauptgebäude von gigantischem Ausmaß. Zwei im rechten Winkel zueinander stehende Flügel von jeweils etwa dreißig Schritt Länge werden durch einen Mittelbau verbunden. Ein Flügel ist in Süd-Nord-Richtung und der andere - folglich - in West-Ost-Richtung erbaut. Ein octogonaler Bau - der sogenannte "Boronflügel" - befindet sich am nördlichen Ende des einen Flügels. Der Boronflügel wurde nach umfangreichen Renovierungsarbeiten erst kürzlich wieder eröffnet. In ihm befinden sich die Wohn- und Schlafgemächer der Familienangehörigen.

 

Die Tsaterrasse

An der westlichen Seite des Boronflügels befindet sich die überdachte Tsaterasse, von der aus man einen wunderbaren Ausblick auf den großen Lotussee hat, welcher im "Sommer" einen betörenden Duft verströmt. Um das äußerst lästige stechende Viehzeug bei Dämmerung und Nachts fern zu halten, kann die ganze Terasse mit einem feinen Hehefliegennetz verschlossen werden, welches feinster Webkunst des Alten Reiches entspricht. Die Schnitzarbeiten an der Holzkonstruktion, welche die Überdachung trägt, ist altkem´schen Ursprungs, obwohl man rasch auf die Arbeit eines tulamidischen Meisters schließen würde. Es werden Naturdarstellungen von der Vielfalt Tsas Schöpfung in Fauna und Flora gezeigt, welche ihresgleichen im Reich suchen. Der Boden besteht aus grauem Marmor, welcher im Nargo-Gebirge im östlichen Tárethon gebrochen wurde. Er zählt zu einem der ältesten und ursprünglichen Teile des Hauptgebäudes. Das Dach der Tsaterasse wird von Ausschnitten des südaventurischen Sternenhimmels verziert. In Zeiten, da mehr Betriebsamkeit auf Arx Pallida herrschte, wurden hier auf der Tsaterasse zahlreiche Abende mit kulturellem Programm kem´scher darstellender Kunst veranstaltet. Heute, da die Familienmitglieder über das ganze Reich verstreut wohnen, ist die Betriebsamkeit von einst Geschichte, und nur noch selten findet man hier einen Hausbewohner bei der Lektüre.

 

Der gen Norden ausgerichtete Flügel, welcher im Boronsflügel endet, ist nahezu ausschließlich dem privaten Gebrauch der Familie vorbehalten. Hier befinden sich Arbeits- und Salonräume und einige Gemächer privater Dienerschaft.

 

Blick auf die Glasfront
des großen Festsaals

Der in West-Ost-Richtung verlaufende Flügel dagegen ist offiziellen Anlässen vorbehalten. In ihm befinden sich neben der großen Eingangshalle, der große Festsaal am westlichen Ende, sowie Audienz- und Aufenthaltsräume. Der große Festsaal ist der einzige Raum, bei dem sich einst der Luxus von Glasfenstern gegönnt wurde. Und das gleich in einer großen Front nahezu über die ganze Länge bestehend aus mehreren Elementen, die im Bedarfsfall geöffnet werden können, um eine frische Brise in den Raum hinein zu lassen. Der Boden des Festsaales besteht aus einem tulamidischen Mosaik, das bereits einige Generationen vor Tanîth Pâestumai gelegt wurde. Es zeigt neben Darstellungen aus dem fernen Kalifat auch Bilder der alten kem´schen Geschichte. Jeder ruhmreichen Dynastie ist ein Kapitel gewidmet und die Taten und Errungenschaften des Volkes der Kemi sind in idealisierter Weise dargestellt. Die Decke wird von Schildpattarbeiten geziert.

 

Das Grabhaus auf dem Anwesen
mit den Familiengrüften
der letzten Generationen

In diesem Flügel befinden sich auch fünf geräumige Gästezimmer, von denen vier keine Ansprüche an Luxus und Behaglichkeit unerfüllt lassen. Das fünfte jedoch ist ganz auf die asketischen Bedürfnisse der Angehörigen der Alleinseeligmachenden Heiligen Boron- und Staatskirche ausgerichtet.

 

Östlich vom Hauptgebäude gelegen befinden sich zahlreiche weitere, steinerne Gebäude, in denen sich Lagerräume und Unterkünfte von Arbeitern befinden, welche auf der Plantage beschäftigt sind. Jene Plantage schließt sich unmittelbar an Arx Pallida an. Dort werden die berühmten Pferde des Hauses Pâestumai gezüchtet, welche als einzige Rasse in der Lage sind, das unerträglich schwüle Klima des Reiches auch unter größerer Belastung zu ertragen. Wer hier arbeitet und wohnt, hat es um ein Vielfaches besser, als jene bedauernswerten Kollegen, die für einen Hungerlohn anderenorts schuften.

 

Die gesamte Villa ist von weitläufigen Parkanlagen umgeben, an die sich im Westen und Süden schließlich die Koppeln der Pferdezucht mit den dazugehörigen Gehöften anschließt. Überwiegend wurden die Grünanlagen ihrem natürlichen Wuchs überlassen, doch in der unmittelbaren Nähe der Villa findet man auch sorgfältig gepflegte Anlagen mit Beeten in denen sich exotische - hier eher wenig beeindruckende - Pflanzen finden lassen. Im Gegensatz zu seinem Freund, Calzin Morgarnor, pflegte Wohlgeboren Tanith nicht das aufwendige Freizeitvergnügen der Orchideenzucht.

 

Auf dem gesamten Anwesen finden sich zahlreiche Wachen und Bedienstete, die ab und an auch so aussehen, als ob ihnen der Gebrauch eines Säbels nicht fremd wäre. Tatsächlich verbergen sich hinter zahlreichen Aufsehern ehemalige Söldner, die den Befehlston gewöhnt sind und sich heute, oft mit ihren Frauen seßhaft geworden, ihr Brot auf den Plantagen verdienen. Da sie in weiser Voraussicht gut bezahlt werden, dürften sie im Zweifel auch bereit sein, ihr Leben bei der Verteidigung des Anwesens aufs Spiel zu setzen. Einige von ihnen leben bereits in der zweiten Generation auf dem Anwesen.
Die Dienerschaft und die Wachen Arx Pallidas sind sorgfältig ausgesucht und auch wenn sie nicht selten unter der Tyrannei Tanîths leiden, über nahezu jeden Verdacht erhaben. So befinden sich im Innern Arx Pallidas auf zahlreichen Gängen Geheimfächer, in denen sich leichte Armbrüste, die mit vergifteten Pfeilen bestückt werden können, und befinden. Fast jeder Diener ist in der Lage und im Notfall, wenn es um das eigene Leben geht, auch bereit, Eindringlinge damit zu treffen. Doch der letzte (einzelne) Eindringling wurde vor 48 Götterläufen gesehen und verließ das Anwesen mit sechs Bolzen im Körper, die Hand immer noch in der gleichen Haltung, mit der er nach der kleinen Elfenbeinstatue in einem der Räume griff...

 

Tanîth Pâestumais Schlafgemach

Bei den Bewohnerinnen und Bewohner des Anwesens sind natürlich zunächst die Angehörigen der Familie Pâestumai zu nennen. Heute leben nicht mehr allzu viele Familienmitglieder ständig auf der Arx Pallida. Zum einen wohnt seit dem Tod des alten Tanith Pâestumai dessen Neffe, Tanîth Pasqua Pâestumai d.J., zusammen mit seiner Gemahlin, die aus einem einflußreichen Grangorer Handelshaus stammt, und zwei seiner drei Kinder auf dem Anwesen. Des Großinquisitors Boronîan Varzim Pâestumai Gemahlin weilt hier des öfteren, wenn ihr das bunte Treiben im Stadthaus der Capitale zu viel wird. Somit ist auch ihr Gemahl mehr als zuvor auf dem Familiensitz. Letzterem ist aber der "Prunk" der Villa zu üppig, so daß ihn mehr die Familienbande hierher ziehen als die Abgeschiedenheit und Ruhe vom hektischen Treiben der Capitale.
Auch einer der Brüder Tanith Pasqua d.J., Ned'jem Pâestumai und seine Frau, Carilya Shêpses'Nuut, wohnen zusammen mit ihren Kindern und einigen Angehörigen auf Arx Pallida. Sie kümmern sich in erster Linie um die berühmte Pferdezucht des Hauses. Fast ständig weilen einige Verwandte der Familie Pâestumai oder Freunde aus dem Haus Morganor als Gäste auf dem Familiensitz.
Zusammen mit etwa zwei Dutzend Dienern, den rund 50 Plantagen Arbeitern, teilweise mit ihren Familien, und einer unterschiedlichen großen Zahl an Bittstellern und Klienten, ist Arx Pallida alles andere als ein ruhiger Ort. Wer hier arbeitet, kann sich glücklich schätzen, nicht das Los seiner Kollegen teilen zu müssen, die andernorts für einen Hungerlohn auf den Feldern schuften. Wer hier als Bittsteller hinkommt und ein gerechtes Anliegen vorbringt, dem wird geholfen werden. Doch nicht minder schwer fallen Tadel und Strafen aus, wenn man das Vertrauen der Familie enttäuscht oder gar mißbraucht hat. Gerüchten zufolge, haben manche Arx Pallida als gerettete Familienväter verlassen. Andere verließen das Anwesen nie mehr...
Es erfordert viel Erfahrung, Geduld und Aufwand, die Belange des riesigen Anwesens zu koordinieren. Seit seinem halben Leben macht dies der Majordomus der Familie, Tut'set Shêpses Naaks'anamun. Seine Familie befindet sich seit vier Generationen im Dienste der Pâestumai. Kaum ein anderer - nicht Familienangehörige - hat jemals soviel Vertrauen und Einfluß in dem altehrwürdigen Haus genossen, wie er. Seine Familie ist aufs engste mit seinen Patronen verbunden. Abhängig von Rang und Einfluß tun Angehörige der Shêpses Naaks'anamun Dienst in den Schreibstuben der Handelsgesellschaft, als Verwalter oder arbeiten als einfache Tagelöhner auf den Plantagen. Tut'set sah Pâestumais aufsteigen und fallen. Er sah sie kommen und gehen, geboren werden und sterben. Mitlerweile ist er selber weit über siebzig Götterläufe alt und nach dem Tot des alten Familienpatriarchen scheint es so, als ob er seine Aufgaben bald an seinen ältesten Sohn, Nerhegep Shêpses Naaks'anamun, übertragen wird. Dann soll eine jüngere Generation fortan die Geschicke des Anwesens leiten.
Ständig befinden sich zwei Angehörige der morganor'schen Kriegerkaste auf dem Anwesen, dazu tut ein Milizionär Dienst im im nahen Zut'hedsh. Hinter vorgehaltener Hand wird aber gemunkelt, daß sich das Haus Pâestumai nicht mit solch einer geringen Bewachung in so unsicherem Gebiet zufrieden gibt. Die Anzahl der von Zeit zu Zeit zusätzlich anwesenden Wachen ist ein eindeutiges Indiz dafür, welch hohen Ranges die jeweiligen Bewohner Arx Pallidas sind. Spätestens wenn die Respekt und Wehrhaftigkeit vermittelnden Zer Nimut Mut'adschin oder mehrere Angehörige der Kriegerkaste des Hauses Morganor hier Quartier bezogen haben, weiß man WER anwesend ist.

 

Ein Landsitz von der Größe und Bedeutung der Arx Pallida birgt natürlich auch das ein oder andere Geheimnis. Arx Pallida ist ein Ort, an den nur wenige Besucher gemeinen Standes kommen, die nicht mit dem Haus Pâestumai verbunden sind. Meist sind es Klienten, (Hoch-)Adlige des Reiches, einflußreiche Geschäftspartner aus allen Damen Länder oder Botschafter verbündeter Reiche. Kaum jemandem von ihnen erhält die Gelegenheit, die privaten Gemächer im Ost-West-Flügel zu betreten. So wundert es nicht, daß sich zahlreiche Gerüchte um diesen Bereich ranken, mehr noch als um das ganze Anwesen. Von Geheimkammern, in denen sich der Reichtum der Familie in Gold und Juwelen verbergen soll, oder von Archiven, in denen kompromittierende Dokumente über die Höchsten dieses und anderer Reiche vorhanden sein sollen. Natürlich gibt es auch das Gerücht, daß sich außer der Einrichtung, gar keine Reichtümer mehr auf Arx Pallida befinden sollen. Der Mythos von der Mächtigkeit und Allgegenwärtigkeit der Familie wird tunlichstgeschürt, verschafft er doch - neben Neidern - auch einen gehörigen Respekt, der sich bei (Geschäfts-) Verhandlungen manchmal als nützlich erweist. Viele der genannten Geheimnisse in all ihren Ausführungen muß in den Bereich von Fabeln und Phantasien verbannt werden. Einiges aber sicherlich auch nicht.