Danica Drakoslawa

Akîbet Ni Sákem

...rückte näher die erste Nacht der Rahja, in welcher sich ihre Weihe im Sphärenkundlichen Institute zu Brabak zum siebenten Male jähren sollte. Dieses Mal jedoch würde sie nicht wie die Götterläufe zuvor um Mitternacht dankbar der silbrigen Mada huldigen. Nein, für diese Nacht hatte sie andere Pläne.
Nachdem der gierige Besitzer dieses Etablissements das blinkende Goldstück hastig in seiner Hose verborgen hatte, überließ er der Reisenden mit einem wissenden Grinsen die kleine Kemenate für die kommenden zwei Nächte. Der Duft von schwerem Parfum lag in der Luft und das Laken war noch mit dem Schweiße der Ekstase durchtränkt - ganz so, wie sie es gewünscht hatte.
Prüfend wanderten die smaragdgrünen Augen jetzt auf den Boden des Zimmers und ihr Blick zeichnete die dunkelroten Linien des Siebensternes inmitten der Beschwörungszirkel und Schutzkreise nach. Knapp einen halben Tag war sie mit der Kreide in der Linken auf Knien für dieses faszinierende Kunstwerk herumgerutscht. Meister Khar'zchon wäre stolz auf sie gewesen.
Lautlos versank die Praiosscheibe am Horizont und tauchte die Türme des nahen Khunchom in blutrotes Licht. Sehnsüchtig ließ sie ihre Gedanken zur Akademia von Fasar fliegen, wo sie sich während ihres Zweitstudiums an solchen Abenden eng an Zachan ibn Marwan, den Corvus, geschmiegt hatte. Irgendwann würde sie ihn wiedersehen. Verärgert über ihre Gefühlsduselei zog sie die Vorhänge vor. Im falschen Momente könnte dies ihre Konzentration empfindlich zu ihren Ungunsten beeinträchtigen.
Liebevoll entzündete sie die gefertigten Beschwörungskerzen, sowie das betörende Räucherwerk und streute das schimmernde Pulver des zerriebenen Amethystes über das Heptagramm. Alsdann warf sie einige Fetzen des Lakens in ein glühendes Kohlebecken. Funken sprangen durch die Kammer, und der beißende Gestank trieb ihr die Tränen in die Augen. Ein bedrohliches Murmeln in scheinbar längst vergangener Sprache entwich ihrem Halse und erfüllte das Bordellzimmer. Sanft bestrich sie die güldene Rahjastatuette aus dem Tempel zu Belhanka mit dem Dung einer siebenjährigen Shadifstute und träufelte sieben mal sieben Urintropfen eines stattlichen Bullen darüber, bevor sie jene am zweiten Zacken des Siebensternes plazierte. Darauf ritzte sie sich drei mal drei Schnitte mit der Glasscherbe aus einem Hause des Phex in die Zunge und hauchte leidenschaftlich einen blutigen Kuß über die sechste Spitze des Heptagramms. Genußvoll benetzte sie noch einmal ihre vollen Lippen mit dem wohlschmeckenden Lebenssafte und rief in der Sprache ihres Standes nach Isphanil, der unsichtbaren Bringerin, der Nutznießerin finstrer Gelüste, der dreigehörnten Dienerin der Shaz-man-yat. Nach einigen Augenblicken beklemmender Stille begann ein sanfter Windhauch mit ihrer roten Lockenpracht zu spielen. Sie äußerte flüsternd ihr Begehren nach einem frischen Blutstropfen des dreimalverfluchten Magisters Thaumiel Morcabann...
...unterwies Magister Thaumiel Morcabann die verschleierten Maga, welche sich Zzô´Hrah nannte, im vergangenen Monde nicht nur in der Thesis des verbotenen EIGNE ÄNGSTE QUÄLEN DICH! und verschaffte ihr ebenfalls unerlaubterweise wochenlang Zugang zu den unter Verschluß gehaltenen Werken unserer Akademia, sondern verschenkte sogar bereitwillig den kostbaren Folio Porta Aithericca. Aufgrund des schweren Schadens, welchen er der Akademia zufügte, wird Thaumiel Morcabann seines Lehrstuhles enthoben, von der Schola auf allezeit verbannt und...

 

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Danica Drakoslawa fiel am 1. Tsa des Jahres 26 S.G. zusammen mit Akîb Coragon Fontanoya einem Unglück zum Opfer. Ihre Kutsche, die sie zu einem Kleinadelskonvent nach Seku Kesen bringen sollte, stürzte von einer Hängebrücke in eine tiefe Schlucht.